Venus AD von Gabriele Borgmann

Venus ADDer Renaissance-Experte Dr. Alexander Seltig trifft mit Peter Neumann, dem Bürgermeister von Berlin, und der Kulturstaatsministerin Dr. Ricarda Bauer letzte Absprachen für die Ausstellungseröffnung zur Ehrung des Künstlers Lucas Cranach und seines Venus-Gemäldes. Die drei kommen überein, dass die kunstgeschichtliche Doktorandin Nele Rosenbach eine kurze Rede halten soll, in der sie den interessierten Zuhörern das Bild erklären soll. Seltig verfolgt darüber hinaus den Plan, während der Ausstellung für einen neu zu gründenden Berlin-Art-Club zu werben, mit dem er beim Bürgermeister jedoch keine Zustimmung findet. Anstelle eines Reichen-Clubs für die Kunst, sind diesem die oftmals am Hungertuch nagenden Alleinerziehenden wichtiger.

Was niemand ahnt: Nele hat sich mit dem Restaurator Dr. Valentin Schwarzkopf getroffen, der ihr verbotenerweise einen ungestörten Zugang zum berühmten Gemälde verschafft hat. Vorsichtig hat sie sich mit einem Skalpell an das Werk begeben und Unstimmigkeiten entdeckt. Sie glaubt nicht, dass das Bild von Lucas Cranach stammt, sondern vielmehr, dass es sich um ein Plagiat handelt, das er von Albrecht Dürer gestohlen hat, ihrem Vorbild und heimlichen Verehrer. Als Nele bei der Eröffnung die Rede halten soll, bringt sie keinen Ton heraus und geht ohne Abschied auf die Straße, wo sie einen verwirrten Mann auf dem Boden liegend vorfindet. Der spricht von einem Lump, der ihm die Venus geklaut hat. Nele kann es kaum fassen, aber sie steht tatsächlich dem großen Meister Albrecht Dürer gegenüber.

Der Roman „Venus AD“ beginnt im Jahr 1507 in Nürnberg, dem Geburtsort Albrecht Dürers. Als dieser von einer Venedig-Reise zu seiner Ehefrau Agnes zurückkehrt, ist er froh, dass diese von der Pest verschont blieb. Nachdem der Hofmaler des Kurfürsten zu Sachsen Lucas Cranach, im Roman ein ehemaliger Schüler von Dürer, dem Ehepaar einen Besuch abgestattet hat, verlegt Gabriele Borgmann die Handlung in das Jahr 2019 zu dem Geschehen um die Kunststudentin Nele in Berlin. Doch immer wieder wechselt der Plot ins frühere Jahrhundert, wo Agnes beispielsweise auf dem Kirchplatz in Wittenberg einer Cranach-Ehrung beiwohnt.

Gabriele Borgmann hat in ihren Debütroman „Venus AD“ an entsprechender Stelle Hintergrundinformationen über die Malerei einfließen lassen, was nicht verwundert, da sie Kunstgeschichte studierte und somit eine Liebe zur Malerei verbindet. Sie weist darauf hin, dass viele Maler wegen der sehr teuer zu beschaffenden Farben verarmten oder dass die Farbe Rot früher nur aus Läusen gewonnen werden konnte, weil deren Drüsensaft das begehrte Karmin enthält, das übrigens auch heute noch in Kosmetikprodukten und Lebensmitteln enthalten ist.

Die Autorin hat den Sprachstil den jeweiligen Zeiten angepasst. So sehr es für einen aus dem 16. Jahrhundert stammenden Menschen unglaublich klingen würde, dass Berlin heute eine Stadt mit über drei Millionen Einwohnern ist, so wenig ist heute vorstellbar, dass Berlin zu Lebzeiten Albrecht Dürers nur eine kleine Stadt, aber „immerhin eine kurfürstliche Residenz“ war. Äußerst amüsant hat Gabriele Borgmann die Szenen beschrieben, in denen Albrecht Dürer mit Nele in einer für ihn völlig fremden Welt zusammentrifft. Für ihn ist es erstaunlich, dass eine Frau „kluge Texte“ verfassen kann und dass sie bei einem Kuss nicht errötet, wie er es von seiner Agnes noch nach vielen Ehejahren gewohnt ist. Ein gelungener und origineller Plot.

Venus AD von Gabriele Borgmann

Venus AD
PalmArtPress 2019
Hardcover
188 Seiten
ISBN 978-3-96258-024-7

Bildquelle: Amazon
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