Solikante Solo von Björn Kern

Solikante SoloDie Psychotherapeutin Ruth Korwaczek lebt mit ihrer fünfjährigen Tochter Sisal in Berlin. Vater der Kleinen ist Jann-Marten Friedrich, der sich als Bierbrauer selbstständig gemacht hatte, jedoch zwei Jahre vor der Geburt von Sisal Pleite ging. Da es ihn mehr aufs Land zog, als es ihn in der Stadt halten konnte, hat er von seinem restlichen Geld in dem eine Stunde östlich gelegenen Ort Solikante ein Schloss für seine junge Familie gekauft. Doch Ruth kann sich weder mit dem heruntergekommenen Gemäuer, noch mit Jann arrangieren, den sie zwar nicht nach dem Gesetz geheiratet, dem sie allerdings vor sechs Jahren die Ehe geschworen hat.

Björn Kern hat in seinen Roman „Solikante Solo“ drei Rückblicke mit den Geschehnissen vor einem Jahr, einem halben Jahr und vor drei Monaten einfließen lassen, die das Paar noch aus glücklichen Tagen zeigen. Ruth und Jann haben beide schon die Vierzig überschritten, lieben sich zwar nach wie vor, doch können auch nicht wirklich miteinander, weil ihre Wünsche und Vorstellungen zu verschieden sind. Ihre Meinungsverschiedenheiten tragen sie offen vor der kleinen Sisal aus, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie das auf ein Kind mit fünf Jahren wirken muss, für das Eltern eigentlich ein Vorbild sein sollten.

Ruth ist mit ihrer Situation überfordert, wenn sie ihrem Job als Psychotherapeutin nachgehen muss, ihre Babysitterin aber nicht einspringen kann und die Kita strenge Regeln hat, die auf berufstätige Mütter keinerlei Rücksicht nehmen. Auf Kate, ihre Freundin aus Studienzeiten, kann sie nur selten zurückgreifen, sich nicht auf sie verlassen und immer wieder kommt es zu Reibereien. Was Jann anbelangt, nimmt seine Sorge vor Mikroplastik, Glyphosat und kontaminiertem Asbestfeinstaub, dem er mit einem Messgerät zu Leibe rückt, pathologische Ausmaße an. Insofern ist er ausschließlich mit seinem Überleben beschäftigt und hat demzufolge keine Zeit, einer Arbeit nachzugehen, was Ruth ihm vorwirft, da er zur finanziellen Situation nichts beitragen kann. Während ihrer Abwesenheit greift er zum Alkohol, weil er ohne sie nicht kann, doch mit ihr auch nicht.

Björn Kern hat in seinem vielschichtigen Roman „Solikante Solo“ an die Oderflutkatastrophe aus dem Jahr 1947 erinnert und kritische Worte einfließen lassen, die am Beispiel von Polizeieinsätzen bei Demonstrationen satirische Züge annehmen. Die Auftritte von Janns pfiffiger und naseweiser Tochter Sisal lassen den Leser wiederholt schmunzeln und er amüsiert sich über die Protagonisten, wenn sich das Paar typische Szenen einer Ehe liefert. Wer noch kein „Reh bellen“ gehört hat, wird in der leicht schrägen und amüsanten Lektüre eines Besseren belehrt.

Solikante Solo von Björn Kern

Solikante Solo
S. Fischer Verlag 2021
Klappenbroschur
336 Seiten
ISBN 978-3-596-70089-9

Bildquelle: S. Fischer Verlag
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