Um den Lügendetektor „Scandor“ testen zu können, hat das Unternehmen Veri-Tech einhundert Teilnehmer gesucht, wozu mehr als zweihundertfünfzig Silbermünzen in Umlauf gebracht wurden. Wer eine von ihnen gefunden hat, erfuhr nach dem Scannen eines Barcodes, dass ihn die Wahrheit reich machen, die Lüge jedoch die schlimmsten Albträume wahr werden lassen kann. Ab diesem Zeitpunkt kann sich noch jeder von dem Wettbewerb distanzieren, doch einmal zugesagt, gibt es kein Zurück mehr. Deshalb findet eine Vorauswahl statt, bei der die einhundert Kandidaten ermittelt werden, wobei dem Hauptgewinner fünf Millionen Euro winken!
Der neunzehnjährige Philipp Bajon ist mit Emilio zusammengezogen, da sich seine Eltern fortwährend streiten. Seine Freundin Raffaela, die selbst nicht mutig genug ist, gibt Philipp ihre gefundene Silbermünze und er überlegt sich sofort, dass er als Gewinner seinen Job aufgeben und sich voll auf sein Studium konzentrieren könnte. Als er seinen Einsatz, der ja seine schlimmsten Ängste wahr werden lassen sollte, im Fall seines Ausscheidens nennen soll, erkennt der Lügendetektor, dass nackt und singend durch eine Straße zu ziehen, nicht das schlimmste Szenario für ihn wäre. Denn an Thalassophobie leidend weiß er nur zu gut, dass schon die Vorstellung ins Wasser zu gehen oder gar zu tauchen bei ihm Übelkeit erzeugt. Aber erst mit diesem Einsatz gibt sich Scandor zufrieden.
Die gleichaltrige Tessa Weidrich hat im Portemonnaie ihres verhassten Onkels die Goldmünze entdeckt und sie ihm schlicht und ergreifend gestohlen. Auch ihr Einsatz, mit Spinnen in eine Badewanne gesteckt zu werden, wird nicht akzeptiert. Erst, als sie angibt, bei ihrem Onkel, der alle um ihn herum zu schikanieren weiß, einen Job als persönliche Assistentin anzunehmen, ist sie als Teilnehmerin akzeptiert. Wie Philipp unterschreibt auch Tessa den Vertrag und begegnet ihm sowohl bei der Notarin als auch später bei der Galaveranstaltung. Währenddessen belauscht Tessa heimlich ein Gespräch und wundert sich über den Satz „Drei sind zwei zu wenig“, während der aufmerksame Philipp einhundertfünf Personen zählt, was irgendwie nicht stimmen kann.
Schließlich müssen alle zum Arzt, wo an ihrem Handgelenk Sensoren befestigt werden. Jeder muss zu seiner Nummer einen Codenamen zur Identifizierung wählen, wobei sich Tessa für Engel, Philipp für Hannibal entscheidet. Jede gestellte Frage muss beantwortet werden, Schweigen gilt nicht als Antwort und das geschriebene zählt wie das gesprochene Wort. Senden die Sensoren Wärme, bedeutet das, dass die Wahrheit gesprochen wurde oder eine neue Aufgabe zu meistern ist. Empfindet der Teilnehmer Kälte, bedeutet das den Rauswurf. Philipps Strategie, sich zurückzuziehen, wird sofort mit offensiverem Vorgehen beantwortet. Andernfalls droht ihm eine anspruchsvolle Herausforderung.
Immer wieder unterbricht Ursula Poznanski das eigentliche Geschehen ihres Thrillers Scandor* durch Geschichten der Teilnehmer, die für diese zum Abbruch geführt haben. Wiederholt werden die noch am Wettbewerb Verbleibenden zu einer neuen Challenge aufgefordert, wie beispielsweise, der nächsten begegnenden Person zu gestehen, was noch nie jemandem anvertraut wurde, wobei die Dauer des Gesprächs eine definierte Zeit nicht unterschreiten darf. Oder man muss den bzw. die Ex kontaktieren und mindestens eine Stunde mit ihm/ihr reden. Am Ende wartet auf die restlichen Teilnehmer die K.-o.-Challenge, wobei sie sich mit einem Konkurrenten mit geschickt gestellten Fragen duellieren müssen.
Von Anfang an ist dem Leser klar, dass es sich bei dem Wettbewerb um einen perfiden Plan handeln muss. Schnell wird auch deutlich, wie jeder von uns nicht immer sicher sein kann, was eigentlich die Wahrheit ist. Wie schnell sagen wir in einem Gespräch, das uns unangenehm ist, dass wir jetzt gehen müssen, obwohl wir es nicht müssen, sondern lediglich nur wollen! Die Autorin versteht es trefflich, die jungen Leser ab vierzehn Jahren wie ihre Protagonisten zu verwirren, denn natürlich präsentiert sie erst am Schluss die Auflösung. Ein anspruchsvoller und gut durchdachter Thriller von Ursula Poznanski, den man nur schwer aus der Hand legen kann!
Gesprochen von: Jens Wawrczeck | Spieldauer: 12 Std. und 21 Min.