Rezension des Romans „Oberflächenmensch“ von Michael Wyhnal: Gesellschaftskritik mit Tiefgang

Buchcover des Romans Oberflächenmensch

Ein namenloser Protagonist voller Gedanken

Michael Wyhnal erzählt in seinem Roman Oberflächenmensch* die Geschichte eines zwanzigjährigen Studenten, der sich als kritischer Beobachter einer oberflächlichen Gesellschaft präsentiert. Der Leser erfährt weder den Namen noch das äußere Erscheinungsbild des Protagonisten – lediglich seine Sicht auf eine Welt, in der Freundschaft und Liebe kaum noch zählen, während Rastlosigkeit und One-Night-Stands den Alltag bestimmen.

Ein Urlaub als Übergang – der Beginn einer inneren Reise

Vor Beginn seines Studiums verbringt der junge Mann einen letzten Urlaub in einer schlichten Ferienwohnung, gemeinsam mit seinem besten Freund Lukas Weinrich und dessen Eltern. Nach der Rückkehr verabschiedet er sich aus der dörflichen Idylle und zieht in eine nicht näher benannte Großstadt, um sein Studium zu beginnen. Der Umzug konfrontiert ihn mit Herausforderungen: Mit seinem Zimmernachbarn Robert Szewczik muss er sich arrangieren – keine leichte Aufgabe für einen Individualisten.

Studium, Außenseiterrolle und die Sehnsucht nach Liebe

Der Protagonist erlebt unterschiedlichste Begegnungen mit Dozenten und Kommilitonen, muss sich oft mit den Gegebenheiten arrangieren. Aufgrund seiner disziplinierten Lebensweise und seiner zurückhaltenden Einstellung gegenüber Alkohol und Beziehungen gilt er bei seinen Mitstudierenden als Außenseiter und Streber. Als er Nathalie Grüner begegnet – für ihn der Inbegriff einer Traumfrau – scheint sich sein Leben plötzlich zu verändern. Doch es warten weitere Überraschungen und Wendungen auf ihn, die ihn von seinem Weg abbringen.

Ein junger Autor mit literarischem Feinsinn

Michael Wyhnal, selbst erst 24 Jahre alt, überrascht mit seinem ungewöhnlich reifen Schreibstil. Mit einer gehörigen Portion Ironie beschreibt er die Welt aus der Perspektive seines Protagonisten – detailreich, bildhaft und stilistisch anspruchsvoll. Die Sprache erinnert teilweise an Autoren früherer Epochen, bis moderne Elemente wie Handys und Laptops die Leser wieder in die Gegenwart zurückholen.

Romantiker wider den Zeitgeist

Die Darstellung des Protagonisten ist bewusst konträr zum Zeitgeist: Schon der Gedanke an eine romantische Begegnung versetzt ihn in emotionale Aufruhr, mit feuchten Händen und weichen Knien. Seine Vorstellung von Liebe basiert auf Tiefe und Dauerhaftigkeit – ein Ideal, das in seiner Umgebung kaum Resonanz findet.

Gesellschaftskritik als literarisches Leitmotiv

Kritische Untertöne durchziehen den Roman, etwa wenn Wyhnal die hektische Vorweihnachtszeit, den damit verbundenen Konsumdruck oder die Qualität heutiger Fernsehformate thematisiert. Die Geschichte folgt einem klaren chronologischen Aufbau ohne Nebenstränge und lässt sich gut lesen – auch wenn der Umfang streckenweise als langatmig empfunden werden könnte. Dennoch lohnt sich ein genauer Blick: Denn Oberflächenmensch* ist alles andere als oberflächlich.

Oberflächenmensch von Michael Wyhnal

Buchcover des Romans Oberflächenmensch
Novum Pro Verlag 2012
Broschur
576 Seiten
ISBN 978-3-99026-300-6

Bildquelle: Novum Pro Verlag

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