Mörder im Zug von Frank Goyke

Mörder im ZugDie Mordkommission in Rostock sieht sich vor eine neue Herausforderung gestellt: Während einer nächtlichen S-Bahn-Fahrt wird der Lette Andriejus Medanauskas laut Obduktionsbericht mit acht Messerstichen getötet. Da sich der „Mörder im Zug“ befunden haben muss, konzentrieren sich die Vernehmungen der ermittelnden Beamten Jonas Uplegger und Barbara Riedbiester auf eben diese Personen, die mit im Zug gesessen haben. Rüdiger Sokolowski vom Bahnschutz kann ihnen glücklicherweise ziemlich präzise Angaben darüber machen, welche Fahrgäste wo hinzu- bzw. ausgestiegen sind. Und immerhin sind ihm zwei Rocker aufgefallen, die das Rauchverbot missachtet haben.

Von der Familie des Toten erfahren Uplegger und Riedbiester, dass der auf einer Störfarm als Produktionsleiter Beschäftigte einen Betriebsrat gründen wollte und sich damit kaum bei seinem Chef beliebt gemacht haben dürfte. Die Eltern des Ermordeten betreiben zwei nicht gut gehende Restaurants und die Gerüchteküche weiß von Geldwäsche und Mafia zu berichten. Die Beamten suchen die frühere Freundin Medanauskas auf, die ihm allerdings von seinem Freund Morten Kröner ausgespannt wurde. Von ihr erfahren sie nichts von Bedeutung und bei einer durchgeführten Hausdurchsuchung bei Kröner stoßen sie auf Kokain.

Die Vernehmungen der Mitreisenden sind zunächst auch wenig zielführend. Heiner Konwitschny und Martin Lindow waren Arbeitskollegen von Medanauskas und einer erinnert sich an einen Obdachlosen mit langen Haaren, der ihm aufgefallen ist. Sandy Ball wird vernommen, doch nach kurzer Zeit ist sie verschwunden. Ihr Mann ist wohl gewalttätig und obwohl sie noch so jung ist, ist sie schon dreifache Mutter. Miriam Jegorow erkennen die Beamten kaum wieder, weil sie sich quasi verkleidet hat und vollkommen irritiert sind sie von der Künstlerin Penelope Pastor. Sie soll die Geliebte von Simon Rauch sein, dem Chef der Störfarm, was sie jedoch dementiert. Rauch wird ein Fördermittelbetrug vorgeworfen, hegt offene Vorurteile gegen Jugendliche und erweckt gerne den Anschein, für sozial Schwache ein Herz zu haben. Die Beamten haben es mit „Verstrickungen“ und durchweg mit Charakteren zu tun, die alle etwas undurchsichtig sind. Schließlich sehen sie auch Sokolowski vom Bahnschutz mit anderen Augen, der ein Doppelleben führt. Doch unerwartet geschieht ein zweiter Mord und in die Ermittelungen gerät Bewegung.

Frank Goyke hat mit „Mörder im Zug“ keinen Kriminalroman üblicher Manier geschrieben. Er will die Abgründe der Menschen aufzeigen und die Fassaden beleuchten, mit denen sie sich umgeben. Er wagt damit einen Vorsprung in die Tiefen ihrer Seelen und spart bei allem nicht mit einer gehörigen Portion Zynismus. Kritisch äußert er sich an verschiedenen Stellen zu den Reformen im Polizeiapparat und öffentlichen Fördermitteln. Diese sind zwar nach offizieller Aussage aufgebraucht und verschwunden, aber tatsächlich in Immobilien, teuren Autos oder sonstigen Luxusgütern existent. Der Außenminister wird zum „Kaspar Guido“ und die Politiker allgemein zu Politclowns und Volksverrätern. In kurzen Einschüben lässt er den Leser wissen, dass jemand Blut gesehen und große Angst hat. Frank Goyke schafft mit dem Krimi „Mörder im Zug“ eine ganz besondere Atmosphäre, die von Vorurteilen geprägt ist, wie sie uns heute überall begegnen. Der durchaus intelligent geschriebene und lesenswerte Krimi ist allerdings nichts für die Fans, die einen actiongeladenen und spannenden Roman erwarten, da der Autor mehr die psychologischen Hintergründe der Protagonisten in den Vordergrund gestellt hat.

Mörder im Zug von Frank Goyke

Mörder im Zug
Hinstorff Verlag 2011
Taschenbuch
350 Seiten
ISBN 978-3-356-01422-8

Bildquelle: Hinstorff Verlag
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