Marina von Carlos Ruiz Zafón

MarinaDer fünfzehnjährige Internatsschüler Óscar Drai nutzt die freie Zeit vor dem Abendessen gerne für einen Gang durch die Gassen von Sarrià, einem Stadtteil von Barcelona. Im September 1979 führt ihn sein Weg trotz Skepsis in eine unheimliche Gegend. Er betritt ein Haus, aus dem Musik zu hören ist, und als sich plötzlich jemand aus einem Sessel erhebt, stürmt er aus dem Zimmer. Erst im Internat bemerkt er, dass er noch eine goldene Taschenuhr in Händen hält, die er im Haus an sich genommen hat. Als er die Uhr zurückbringt, trifft er auf Marina, die Tochter des Besitzers Germán Blau.

Marina führt Óscar eines Tages auf einen alten Friedhof, wo sie eine verschleierte, ganz in Schwarz gekleidete Frau an einem Grab beobachten. Auf der Marmorplatte erkennen sie einen schwarzen Schmetterling. Sie folgen der geheimnisvollen Frau, doch verlieren sie ihre Spur. Óscar erhält daraufhin einen Zettel mit einer Adresse, und gemeinsam mit Marina sucht er Michail Kolwenik auf. Von Benjamin Sentís hören sie endlich auch etwas über die Symbolik des schwarzen Schmetterlings. Aus den Zeitungen erfährt Óscar kurze Zeit später vom Tod Sentís, der kein Zufall sein kann, und die Spur führt die beiden jungen Leute weiter zu Dr. Shelley, nicht ahnend, welch grausame Entdeckungen sie noch machen werden und was ihnen noch offenbart wird.

Man könnte meinen, dass es sich bei dem Roman „Marina“ von Carlos Ruiz Zafón um ein Jugendbuch handelt, zumal die Protagonisten Óscar und Marina selbst fünfzehn Jahre alt sind. Doch allein die gewählte, ausgenommen poetische Sprache dürfte für junge Leser schwer verständlich und uninteressant sein. Der Autor beginnt seine Erzählung damit, dass der inzwischen erwachsene Óscar sich an die Zeit vor fünfzehn Jahren erinnert, als er fünfzehnjährig im Mai 1980 von Beamten auf einem Bahnhof angesprochen wird, nachdem er eine Woche lang aus dem Internat als verschwunden galt. Seine Erinnerungen erzählt er in der Ich-Form.

Zumindest in seinen Gedanken gibt Óscar sarkastische Antworten, die er letztlich aber doch für sich behält. Zu Marina fühlt er sich immer mehr hingezogen, obwohl er oft das Gefühl hat, von ihr wie ein Trottel behandelt zu werden, wenn sie austeilt und „stichelt“. In dem Roman überwiegt eine gespenstische, unheimliche, Gänsehaut erzeugende Atmosphäre. Das Geisterhafte erinnert an Isabel Allendes Schreibstil, während den Leser einige Textstellen an den Horrorroman Frankenstein erinnern, wenn es darum geht, künstliche Körperteile zum Leben zu erwecken. Ob der Name der Autorin von Frankenstein, nämlich Shelley, für Carlos Ruiz Zafóns Figur des Dr. Shelley Pate stand, ist Spekulation. Die Spannung kann auf jeden Fall mit einem Krimi mithalten, zumal es sowohl Tote zu beklagen gibt, als auch die Polizei in die Fälle mit eingebunden ist. So hat der exzentrische Roman, der weder dem Genre Fantasy, noch Horror oder Krimi zuzuordnen ist und in dem sogar Passagen gegen den Krieg zu finden sind, von allem etwas. Selbst der Autor vermag ihn nicht einzuordnen und glaubt, mit dem Buch sein persönlichstes Werk geschaffen zu haben, wie er im Vorwort gesteht.

Marina von Carlos Ruiz Zafón

Marina
Übersetzung von Peter Schwaar
S. Fischer Verlag 2012
Taschenbuch
352 Seiten
ISBN 978-3-596-18624-2

Bildquelle: S. Fischer Verlag
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