London Fields von Martin Amis

London FieldsSamson Young ist Schriftsteller und verfolgt die weitere Entwicklung seiner drei Handlungspersonen für seinen Roman „London Fields“, an dem er schreibt. Im Mittelpunkt steht die vierunddreißigjährige Nicola Six, die in die Zukunft blicken kann und weiß, dass sie wenige Minuten nach Mitternacht an ihrem fünfunddreißigsten Geburtstag den Wagen ihres Mörders besteigen wird. Die beiden anderen Akteure sind der kriminelle Keith Talent, der permanent unter einem finanziellen Engpass leidet, mit Kath verheiratet und Vater der kleinen Kim ist, sowie Guy Clinch, der mit seiner Ehefrau Hope und Sohn Marmaduke zusammenlebt. Samson trifft auf die drei in der Black Cross Bar, die in der Portobello Road liegt.

Wer die Kurzbeschreibung des Verlags über das Buch „London Fields“ liest, wonach Nicola Six in die Zukunft sehen kann und sowohl den Zeitpunkt, wie auch den Ort ihrer Ermordung kennt und lediglich noch nicht weiß, wer ihr Mörder sein wird, erwartet einen spannenden Roman. Doch bereits nach kurzer Zeit macht sich Enttäuschung breit. Da ist zum einen der äußert ungewöhnliche Schreibstil von Martin Amis, der einen Zugang zum Geschehen schwierig macht. Zum anderen langweilen die sich endlos hinziehenden Erzählungen. Nicht einzuordnende Szenen ergeben auch im weiteren Verlauf keinen Sinn. Dass sich Samson Young hinter dem Ich-Erzähler verbirgt, offenbart der Autor erst zu einem späteren Zeitpunkt. Über ihn erfährt der Leser wenig, nur, dass er unbedingt Geld braucht und mit seinem Manuskript nicht so recht vorankommt.

Martin Amis „springt“ unvermittelt von einem Thema zum nächsten und wechselt zwischen einem Erzählstil und der Ich-Form, wenn er Samson Young zu Wort kommen lässt. Gelegentlich treffen sich die Handlungspersonen in der Bar, wo Keith für ein Dartspiel trainiert, oder die beiden Männer Keith und Guy besuchen im Wechsel Nicola in ihrer Wohnung, wobei Keith stets eine Werkzeugtasche bei sich trägt, um den Eindruck zu erwecken, er ginge Nicola als Klempner zur Hand. So begegnen sich die beiden Männer regelmäßig im Hausflur und geben sich quasi die „Klinke in die Hand“, was Guy zunehmend misstrauisch macht.

Mit allen vier Handlungspersonen seines Romans „London Fields“ hat Martin Amis unrealistisch wirkende Protagonisten geschaffen. Was Nicola betrifft, äußert sich der Schriftsteller Samson dahingehend, dass sie Guy in erotischer Hinsicht zu „konditionieren“ weiß und dass sie „eine Rolle“ spielt. Guy gegenüber ist sie die Unschuldige und behauptet, noch Jungfrau zu sein, die noch nicht einmal einen Kuss bekommen hat. Wenn sie mit Keith zusammen ist, gibt sie sich hingegen ungehemmt und fordert ihn zur Masturbation auf, während sie eine Dusche nimmt.

Für Keith zählt nur das Dartspiel, mit dem er es bis ins Fernsehen schaffen will, sofern er nicht gerade irgendwo einbricht, um seinen chronischen Geldmangel zu mindern oder wenn er nicht vor dem Fernseher abhängt. Außerdem liebt er harte Pornos und sucht immer wieder eine seiner „Miezen“ auf, wobei es auch schon mal dauern würde, „sie wieder zur Besinnung zu prügeln“. Im Gegensatz zum eher verwahrlosten Keith kann sich der wohlsituierte Guy Hausangestellte leisten. Allerdings ist es für das Paar nicht leicht, für den kleinen Marmaduke, der ein regelrechter Tyrann ist, ein Kindermädchen zu finden, da diese sehr schnell aufgeben und häufig wechseln. Um kein weiteres Kind dieser Art zu zeugen, verweigert sich ihm seine Frau Hope. Umso mehr giert Guy nach dem „braunen Körper“ und dem „persischen Fleisch“ von Nicola.

Martin Amis hat den Roman „London Fields“ bereits vor dreißig Jahren geschrieben. Unzweifelhaft kann dem Autor ein literarisches Talent zugesprochen werden und er versteht es, manchen Sachverhalt mit unvergleichlichen Worten auszudrücken. Doch auf der anderen Seite schafft er es wie kaum ein anderer, lang und breit etwas zu formulieren, dessen Inhalt der Leser nicht wiedergeben kann. So quält er sich durch den seitenstarken Roman, in der Hoffnung, dass irgendein Ereignis sein Interesse am Fortgang der Handlung wecken kann oder besser gesagt, er hofft überhaupt auf das Zustandekommen einer Handlung. Bis zum Schluss vermisst er etwas wirklich Themenrelevantes oder eine aufkommende Spannung.

London Fields von Martin Amis

London Fields
Übersetzung von Eike Schönfeld
Kein & Aber Verlag 2019
Taschenbuch
704 Seiten
ISBN 978-3-0369-5993-1

Bildquelle: Kein & Aber Verlag
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