Svea Nussbaum wartet zu Silvester mit Elisa, mit der sie sich seit zwei Jahren eine Wohnung teilt, auf ihre Eltern, Schwester Karla und deren Ehemann sowie Leon, den Bruder ihres Schwagers. Ihn hat Svea vor sechs Jahren kennengelernt und nach einer gemeinsamen Nacht wollte er nur noch mit ihr befreundet sein. Seitdem träumt sie von einer Verbindung und setzt alle Hoffnung auf den bevorstehenden Abend. Um ihren Eltern zu imponieren, hat sie keine Mühen gescheut, Servietten aufwändig gefaltet und behauptet, das Essen selbst zubereitet zu haben, wobei das nicht die einzige Lüge ihnen gegenüber ist.
Weil von Leon nicht die erhofften, entscheidenden Worte kamen und Steffen, dem Sohn ihres Chefs Harald Lindholm in der Marktforschungsfirma die Beförderung statt ihrer zuteil wurde, fasst sie am Neujahrstag den Entschluss, wie Elisa eine Liste mit Vorsätzen für das neue Jahr zu erstellen. Trotz des Feiertages verlangt Harald von ihr, unverzüglich eine Word-Datei an William Grant zu senden, ein potentiell neuer Kunde, der vor vierzig Jahren „Revolution G“ gegründet hat und Outdoor-Führungen anbietet.
Im vom Alkohol benebelten Kopf versendet Svea fälschlicherweise nicht die geforderte Angebots- und Preisliste, sondern ihre Liste mit Vorsätzen für das neue Jahr, aus der ihre vielen Lügen hervorgehen, die sie zu gegebener Zeit gegenüber ihren Mitmenschen eingestehen will, um so keinen Grund mehr zum Lügen zu haben. Zu spät bemerkt sie ihren Fehler, sucht nach einem Ausweg und kommt zu dem Schluss, schon vor dem anberaumten Meeting zum Büro von William Grant zu gehen.
Wider Erwarten trifft Svea bei „Revolution G“ auf einen jungen Mann, den sie für den Assistenten von William Grant hält, nicht ahnend, dass es sich um Will handelt, den CEO, der das Unternehmen seit dem Tod seines Vaters leitet. Während der Präsentation, bei der neben ihrem Boss Harald auch sein Sohn Steffen zugegen ist, besteht der wahrheitsliebende Will darauf, dass Svea die Leitung übernimmt, ohne zu verraten, dass sie sich bereits kennen. Als vorgebliche Outdoor- und Neuseeland-Expertin verstrickt sie sich in immer weitere Lügen, und das, obwohl Will aus ihrem fehlgeleiteten Mailanhang die Wahrheit kennt. Tatsächlich bekommt sie den Zuschlag für das Projekt, doch stellt Will neben einer Liste mit Dingen, die er im neuen Jahr zu erreichen gedenkt, verbindliche Regeln auf.
Saskia Louis lässt das Geschehen von ihrer Protagonistin in der Ich-Form erzählen. Spätestens ab dem Moment, in dem Svea klar ist, dass sie die falsche Datei versendet hat, wird der Leser von ersten Lachsalven geschüttelt. Höchst amüsant geht es in Gesprächen zwischen Svea und Will weiter, da sie keinen Grund hat, sich zu verstellen, denn all ihre Schwächen sind ihm ja bereits bekannt. Sie hat es auch nicht nötig, ihm immer Recht zu geben oder nach dem Mund zu reden und sagt dem Mann, über dessen Privatleben nicht mal sein engster Freund Bescheid weiß, offen ins Gesicht, was sie von seinen Meinungen hält.
Geschickt doppeldeutig versteht die Autorin zwei Szenen zu beschreiben, in denen Svea glaubt, alles im Griff zu haben, was weder für den Silvesterabend mit Leon, noch die Begegnung im Fahrstuhl mit Will zutrifft. Der Sohn ihres Chefs, der zu ihrem Leidwesen befördert wurde und ihre eine Einladung zum verspäteten Neujahrsempfang bei Will vorenthalten will, ist für sie stets Stupid-Steffen. Von den ersten rasanten Sätzen angefangen folgt in dem Roman Ich will dies, das und dich* von Saskia Louis eine witzige Szene der nächsten und mit Wortspielereien überrascht sie ihre Leser immer wieder aufs Neue. So sehr zu Beginn die vor Ironie strotzenden Dialoge zwischen Svea und Will für Heiterkeit sorgen, so sehr wird der intelligente Plot im weiteren Handlungsverlauf tiefgründiger und fast schon zu einem Plädoyer für die Ehrlichkeit. Ein rundum gelungenes Werk mit einer sich entwickelnden Liebesgeschichte.
Ich will dies, das und dich von Saskia Louis
Knaur Verlag 2024
Taschenbuch
400 Seiten
ISBN 978-3-426-44664-5