Hinrichtung von Werner Stanzl

HinrichtungIn der kleinen, italienischen Gemeinde Cormons schreckt lautes Glockengeläut die Bewohner auf, das ihre Aufmerksamkeit so auf eine Hinrichtung lenkt. Hilflos müssen sie mit ansehen, wie ein Mann durch eine Steinigung zu Tode kommt. Einer Zeugin ist es zu verdanken, dass sich die Ermittlungen von Commissario Bruno Vossi sowie seiner Assistenten Roberto und Rita schnell auf den Kirchturm konzentrieren, von dem aus der Täter die grausame Tat per Fernbedienung gesteuert hat. Sie finden keinen Grund für den enormen Aufwand, die der Mörder für die Inszenierung betrieben hat und fragen sich, was er ihnen mit einer Zahlenkombination als hinterlassenes Scripsi sagen will.

War der erste Tote ein Bauer, so hat es Vossi bei dem zweiten Toten mit einem Padre zu tun. Dieselben geheimnisvollen Merkmale, die beide auf den Oberschenkeln aufweisen und ein weiteres Scripsi deuten auf denselben Täter hin. Doch damit nicht genug: Während einer Gedenkfeier wird ein Anschlag auf den Präsidenten Mario Sulzer verübt, für dessen glimpflichen Ausgang sich Vossi auch noch vor seinem Vorgesetzten verantworten muss. Der Lokalchef der La Gazzetta sitzt Vossi im Nacken und ein weiterer Priester wird erschossen aufgefunden, wobei auch er dieselben Merkmale am Oberschenkel aufweist. Als auch ein Schwuler tödlich getroffen wird, ist die Bevölkerung aufgebracht, was letztlich die italienische Staatssicherheit auf den Plan ruft, da ein Besuch des Papstes bevorsteht.

Werner Stanzl vermittelt dem Leser in seinem Kriminalroman „Hinrichtung“ anhand der Vorfahren seines Protagonisten geschichtliche Hintergrundinformationen zu den Landaufteilungen in Oberitalien nach dem Krieg. Denn auch Cormons gehörte ursprünglich zu Slowenien und erst ab 1918 zu Italien. Er erinnert durch den Anschlag auf den Präsidenten an die Gedenkfeier, die alljährlich am 18. August anlässlich des Geburtstages des früheren Kaisers Franz Josef abgehalten wird und gibt Einblicke in die Habsburger Monarchie. Sehr aufschlussreiche Ausführungen macht der Autor zu diversen, hochtoxischen Giften, durch das eines der Opfer den Tod fand.

In dem Kriminalroman finden sich immer wieder Hinweise auf das Alte Testament, Zitate von Suren aus dem Koran und Erklärungen zur Scharia, die für Vergehen ausdrücklich die Steinigung vorschreibt. Der Kriminalroman „Hinrichtung“ könnte auch als Aufarbeitung der Hintergründe angesehen werden, die den Beginn des aktuellen Glaubenskriegs markieren. So ist in dem Buch ein Zitat des Papstes vom 19. August 1985 wiedergegeben, das dieser während einer Rede vor muslimischen Jugendlichen in Casablanca hielt, wonach Muslime und Christen denselben Gott haben. Der Angriff auf das World Trade Center könnte die Antwort der islamischen Welt darauf gewesen sein, die aktuell in den Gräueltaten des IS eine Fortsetzung gefunden hat.

Werner Stanzl bedient sich durchweg einer gewählten Ausdrucksweise und ausschmückender Adjektive. Sein Protagonist, der Commissario, ist stets beherrscht, wahrt die Formen und ist kulinarisch ein Genießer. Actiongeladene Szenen sucht der Leser hier vergeblich, doch dafür fesseln ihn Ausführungen zur Vorgehensweise der NSA, die Edward Snowden anprangerte. Für diese geniale Verdeutlichung hat der Autor ein Gespräch zwischen einem Kardinal und einem Monsignore gewählt, das erst auf den letzten Seiten zu finden ist. Alles in allem ist „Hinrichtung“ ein hochbrisanter Krimi am Puls der Zeit.

Hinrichtung von Werner Stanzl

Hinrichtung
Styria Verlag 2015
Taschenbuch
304 Seiten
ISBN 978-3-222-13499-9

Bildquelle: Styria Verlag
PGltZyBsb2FkaW5nPSJlYWdlciIgc3JjPSJodHRwczovL3NzbC12ZzAzLm1ldC52Z3dvcnQuZGUvbmEvNTYyZGYxMWUwOWZkNGJjNWJkNGRmYjgwOTY2MGE2ZjEiIHdpZHRoPSIxIiBoZWlnaHQ9IjEiIGFsdD0iIj4=

Teile diesen Beitrag