Öxit von Hans-Peter Vertacnik

ÖxitMit dem Brexit ist das Vereinigte Königreich seit über zwei Jahren nicht mehr Mitglied der EU. Tatsächlich gab es auch schon in Österreich Stimmen für einen Öxit, den Hans-Peter Vertacnik in seinem Kriminalroman „Öxit“ aufgreift: Oberst Radek Kubica von der Mordkommission beim LKA Wien erreicht ein Anruf, in dem ihm ein Überfall auf die Bildungsministerin und ihren nigerianischen Begleiter, der dabei ums Leben kam, mitgeteilt wird. Weiter wird Kubica von einem anonymen Anrufer darüber informiert, dass die Journalistin Lou Sorko ermordet worden sein soll. Als er sie in ihrer Wohnung aufsucht, trifft er auf deren Halbschwester Daniela Dorn. Nachdem er Lou ertränkt in der Badewanne vorfindet, hält er Daniela für die Mörderin.

Judith Hahn lebt bei ihrer Tante, die sie auf den Straßenstrich schicken will. Um dem zu entgehen, flüchtet sie zu dem aus Bosnien stammenden Amel Bakota, der ihr ein besseres Leben verspricht. Um an Geld zu kommen, begeht er Raubüberfälle und schreckt nicht vor brutalen Morden zurück. Zufällig kommt er in den Besitz des Handys und Laptops von Lou Sorko, auf dem sich brisantes Material befindet, das sie für einen Karrieresprung an ihren Chef weitergeben wollte.

Unterdessen kritisiert der Abgeordnete Moritz Petrell öffentlich die Flüchtlings- und Einwanderungspolitik der Regierung und wirbt für den Austritt aus der EU. Seine engste Mitarbeiterin Dagmar Landauer sagt der Zeitungsherausgeberin Helene Andau, dass der Tod des Nigerianers nicht geplant gewesen sei, sie selbst mit Moritz liiert ist und er der nächste Kanzler wird. Ihm spielt dabei zu, dass die Bürger in Oberösterreich zunehmend Angst vor den vielen Migranten haben, was ohne ihn eine Anarchie zur Folge haben würde.

Zunächst ist es nicht einfach, wegen der ständig neu hinzukommenden Handlungspersonen Zugang zu dem Kriminalroman „Öxit“ zu finden, die der Leser erst nach und nach im weiteren Handlungsverlauf zuordnen kann. So ist Moritz Petrell nicht nur mit Dagmar Landauer liiert, die mit Rudolf verheiratet ist und den sie loswerden will, sondern auch mit Helene Andau, die wiederum lesbisch ist und ein Auge auf ihre Angestellte Emma geworfen hat. Weiter ist mit von der Partie Landauers brutaler Personenschützer, der ehemalige Privatdetektiv Benno Rask. Allen voran natürlich Radek Kubica, der von seiner Ehefrau geschieden ist und darum kämpft, seinen Sohn Oscar zurück nach Wien zu holen. Seit der Trennung hat er ein Alkoholproblem, gegen das ihm sein Freund, Pater Pawel Wozzek, ein wirksames Medikament besorgt, das allerdings ein Placebo ist.

Kubica ist häufig auf die kriminalistische Unterstützung durch den Pater angewiesen, denn mit seinem Stellvertreter, Chefinspektor Franz Dvorak, kommt er einem kriminellen Netzwerk auf die Spur, in das ausgerechnet auch ihr Vorgesetzter Karl Stankovic verwickelt ist. Da der Leser mehr weiß als die Ermittler, geht es in dem Plot weniger um die Auflösung, wer der Mörder ist, sondern vielmehr darum, wie die Ermittler die ihnen gestellten Aufgaben lösen. So ist dem Leser beispielsweise bekannt, dass Lous Chefredakteur ihren Wohnungsschlüssel an sich genommen hat oder dass Stankovic seine Mitarbeiter Kubica und Dvorak hintergeht.

Häufig nimmt Hans-Peter Vertacnik, der selbst Leitender Polizeibeamter war, das weitere Geschehen in einem Satz am Ende eines Kapitels vorweg. Er versteht es ausgezeichnet, dem Leser so ganz nebenbei mit einer Wendung einen unverhofften „Knaller“ zu servieren. Zudem gibt er in seinem Kriminalroman eine Menge Wissenswertes zu den Plätzen und Gebäuden sowie der Geschichte von Wien preis. An dieser Stelle sei nur die Info erwähnt, wie Eduard Sacher im Jahr 1832 für einen Staatskanzler eine Torte kreierte, die ihn später berühmt machen sollte. Der gesellschaftskritische und mit überaus intelligenten Verwicklungen versehene Roman „Öxit“ glänzt mit trockenem Humor und hebt sich deutlich von üblichen Krimis ab.

Öxit von Hans-Peter Vertacnik

Öxit
Emons Verlag 2019
Taschenbuch
320 Seiten
ISBN 978-3-7408-0687-3

Bildquelle: Emons Verlag


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