Axel vermisst seinen Freund Bosse, der mit seinen Eltern nach Perth in Australien gezogen ist, wo der Vater eine neue Arbeit gefunden hat. Leider liegt Australien auf der anderen Seite der Erdhalbkugel, also viel zu weit weg für einen Besuch. Seitdem hat Axel in der Schule keinen Freund mehr, mit dem er spielen kann, denn Albert ist mit Gunnar befreundet, Mats mit Noah und die Mädchen spielen untereinander. Da bleibt niemand mehr für ihn übrig. Jedes Mal erinnert sich Axel an Bosse, wenn er auf seinem Schulweg an dessen früherem Haus vorbeikommt.
Gelegentlich besucht Axel auch seinen Opa, der sich nicht mehr an den Namen seines Enkels erinnern kann, im Pflegeheim. Er will von seinem Opa wissen, ob er sich noch an Oma erinnert und ob sie ihm fehlt. Allerdings erhält er auf seine Frage keine Antwort. Während Papa den Schuppen streicht und wissen will, ob Axel ihm helfen möchte, lehnt er ab. Er möchte nur zusehen und fragt seinen Vater, ob ihm nicht die in Dänemark wohnenden Großeltern fehlen, woraufhin er nur eine ausweichende Antwort erhält. Als seine Lehrerin von ihm wissen möchte, warum er ganz allein und traurig auf den Stufen sitzt und sie nur lapidar meint, dass die Zeit alle Wunden heilt, behält er für sich, „dass das Sachen sind, die Erwachsene so von sich geben“.
Doch eines Tages, nachdem sich Axel auch schon gefragt hat, ob Bosse wohl noch an ihn denkt und ihn vermisst, steht plötzlich in Bosses früherer Garage ein Auto. Im Fenster sieht Axel einen fremden Jungen, für den er selbst natürlich genau so fremd ist. Beide schneiden zum Spaß Grimassen. Ob das wohl sein neuer Freund wird?
Kim Fupz Aakeson lässt seinen Protagonisten Axel in der Ich-Form berichten, wobei sein Name erst auf der letzten Seite genannt wird, indem Axel dem fremden Jungen seinen Namen in die Luft schreibt. Auf der beschlagenen Fensterscheibe wird dafür der Name Ven in Spiegelschrift erkennbar. Über das Alter von Axel ist nur bekannt, dass er schon die Schule besucht, wobei die Kinder in Norwegen wie bei uns mit sechs Jahren eingeschult werden. Das Alter des Protagonisten sollte allerdings nicht ausschlaggebend für die Altersempfehlung des Buches Dinge, die verschwinden* sein, denn auch schon mit fünf Jahren können die Kleinen der berührenden Geschichte folgen.
Aufschlussreich ist, dass die Illustrationen von Stian Hole mehr aussagen als der von Ina Kronenberger aus dem Norwegischen übersetzte Text. So ist auf einer der großzügig gestalteten Doppelseiten Axel mit verweinten Augen und Trübsal blasend zu sehen, was veranschaulichen soll, dass er nicht nur etwas traurig über den Verlust seines Freundes Bosse ist, sondern richtiggehend darunter leidet. Auch die Szene, an der er auf dem Schulweg an dem ehemals von Bosse und seiner Familie bewohnten Haus vorbeikommt, wird in der Illustration mit Sturm und kräftigem Regen dargestellt. Nicht etwa in strahlendem Sonnenschein, was die Aussage des Verlustes seines Freundes konterkariert hätte. Sehr schön hat der Illustrator auch den nicht mehr vorhandenen Bosse mit ganz schwachen Farben dargestellt.
Warum das Shipping, das in der Übersetzung einen Versand meint und der Bereich ist, in dem Bosses Vater arbeitet, in dem Kinderbuch Dinge, die verschwinden* von der Autorin nicht näher erklärt wurde, ist unverständlich und schade. Auch ist mit keinem Wort erwähnt, dass sich die beiden Freunde vielleicht schreiben, sofern sie schon dazu in der Lage sind, oder wenigstens miteinander telefonieren könnten, was zumindest in der heutigen Zeit kein so großes Problem darstellen dürfte. Ungeachtet dessen ist die Geschichte ein Hoffnung machendes Buch, das zunächst einen traurigen Jungen zeigt, der einsam ist und den Verlust seines Freundes Bosse beklagt, dann aber doch nach dem sprichwörtlichen Zuschlagen einer Tür eine andere entdeckt, die sich für ihn öffnet und ihm vielleicht den vermissten Freund ersetzt.
Dinge, die verschwinden von Kim Fupz Aakeson
Übersetzung von Ina Kronenberger
Carl Hanser Verlag 2024
Hardcover
32 Seiten
ISBN 978-3-446-27926-1