Wie Olga Zaini ihre Schokoladenfabrik rettete!
In dem Ferienhaus ihrer Eltern in Cunardo, nahe des Lago Maggiore gelegen, lernt die 1899 geborene Olga den Begründer und Inhaber der Mailänder Schokoladenfabrik, Luigi Zaini, kennen. Als seine Frau Luisa 1923 stirbt und dem Fünfundvierzigjährigen zwei kleine Kinder hinterlässt, heiratet er im Jahr darauf Olga, die ein Diplom als Buchhalterin hat, was für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich war. Um die mit in die Ehe gebrachten Kinder Piero und Rosetta, wie auch für die gemeinsamen Kinder Luisa und Vittorio, kümmert sich ein Dienstmädchen. Der Familie geht es finanziell gut, sie beschäftigen weitere Bedienstete und verbringen die Sommer in einem Haus am Comer See. Doch im Jahr 1938 wird bei Luigi ein Hirntumor entdeckt. Das Unternehmen beschäftigt zu der Zeit einhundert Mitarbeiter, und Luigi äußert den Wunsch, dass Olga die Unternehmensführung übernimmt, bis die Söhne dazu in der Lage sind.
Mit erst neununddreißig Jahren wird Olga Witwe. Einem weiteren Wunsch ihres Mannes folgend, bleibt sie nicht alleine und lebt mit dem Verkaufsleiter Pio Mannocchi ohne Trauschein zusammen, womit sie ihrer Zeit weit voraus ist. Sie betreibt die von Luigi eingeführten sozialen Leistungen weiter, hilft den Angestellten bei der Wohnungssuche, übernimmt deren medizinische Kosten wie auch die Unterbringung in einem Krankenhaus, und das sogar über das Rentenalter hinaus. Als während des Zweiten Weltkrieges Mailand starken Bombardierungen ausgesetzt ist und die Bevölkerung massenweise flüchtet, kann sie die Belegschaft zum Bleiben bewegen und verspricht ihnen die Fortzahlung ihres Lohnes. Im Sommer 1943 wird die Fabrik fast völlig zerstört und die Produktion komplett eingestellt. Wegen der Rationierungen durch die Faschisten ist Olga gezwungen, für die Produktion einen lebensgefährlichen Schmuggel zu betreiben. Doch die mutige Frau lässt sich nicht unterkriegen, denn ihre Großzügigkeit zahlt sich nun aus, indem ihr Die Schokoladendamen* treu ergeben sind und helfend zur Seite stehen. Die erste Blockschokolade zum Backen benennt sie nach ihrem Kindermädchen „Emilia“, beschäftigt im Jahr 1950 zweihundert Mitarbeiter und verstirbt 1981 nach drei Herzinfarkten.
Teresa Monestiroli hat das Leben von Olga Zaini nach Erzählungen ihrer Enkel Luigi und Antonella, die Kinder ihres Sohnes Vittori sind und die das Imperium heute mit großem Erfolg führen, sowie nach Briefen aus dem Familien- und Firmenarchiv nachgezeichnet. Schnell wird deutlich, dass es sich bei Olga um eine couragierte und emanzipierte Frau handelte, die allen gesellschaftlichen Normen zum Trotz ihren Weg ging. Sie führte bereits eine Patchworkfamilie, als der Begriff noch gar nicht existierte. Obwohl sie Extravaganz in jeder Form und elegante Kleider aus edlen Stoffen liebte, besaß sie wie ihr erster Mann eine soziale Ader. Denn dieser wusste, im Gegensatz zu den meisten Firmeninhabern der heutigen Zeit, dass gute Arbeit belohnt werden muss und willigte deshalb trotz schlechter wirtschaftlicher Lage in eine Lohnerhöhung ein.
Das Buch Die Schokoladendamen* bietet nicht viel Lesestoff, aber das, was es bietet, ist dafür äußerst interessant. Die Autorin gibt einen geschichtlichen Überblick der Schokolade und vermittelt dem Leser einen Eindruck von den Gefahren, die mit dem Schmuggel verbunden waren. Neben der Ablichtung originaler Briefe in italienischer Sprache finden sich in dem Buch von Teresa Monestiroli reichliche Fotos aus dem Familienalbum und Abbildungen von Werbeplakaten, wobei eine Modeskizze wahrscheinlich aus Versehen zwei Mal abgebildet ist. Schade ist nur, dass nicht eine der vielen köstlichen Leckereien aus dem Hause Zaini dem Buch quasi als Beigabe mitgegeben werden konnte.
Die Schokoladendamen von Teresa Monestiroli
Übersetzung von Karin Schuler
Elisabeth Sandmann Verlag 2015
Hardcover mit Schutzumschlag
104 Seiten
ISBN 978-3-945543-03-0