Das letzte grüne Tal von Mark Sullivan

Das letzte grüne TalDie Volksdeutschen Emil und Adeline Martel müssen mit ihrem vierjährigen Sohn Wilhelm und dem zwei Jahre älteren Bruder Waldemar im März 1944 aus dem südlich in der Ukraine gelegenen Dorf Friedensthal gen Westen ziehen, wenn sie nicht der Roten Armee in die Hände fallen wollen, was die Kinder zu Staatswaisen machen würde, während die Eltern ins Arbeitslager kämen. Ihre wenigen Habseligkeiten laden sie auf einen Karren, gezogen von einem Fuhrwerk. Mit Adelines Mutter Lydia und ihrer geistig zurückgebliebenen Schwester Malia reihen sie sich in einen Konvoi der abziehenden Wehrmacht ein, obwohl sie die Nazis hassen. Auf der Flucht trifft die Familie auf Emils Eltern Johann und Karoline Martel sowie seine Schwester Resi.

Zu Emils Bestürzung ist auch SS-Hauptsturmführer Haussmann, den Emil von einem früheren Vorfall kennt, über den er nicht einmal mit seiner Ehefrau sprechen wollte, für den Weitertransport zuständig. Zum Glück lässt er die Familie weiter nach Rumänien ziehen. An der Grenze zu Ungarn müssen sie in einen Zug steigen; die zwei Pferde, die ihnen bisher das Leben gerettet haben, werden von der Wehrmacht konfisziert. Jeder darf nur mitnehmen, was er tragen kann. Über Tschechien erreichen sie Polen, wo Resi aufgrund eines Unfalls in ein Militärkrankenhaus muss. Alle Ankömmlinge dürfen nach der Entlausung duschen und erhalten saubere Kleidung. Endlich können die Martels aufatmen: Zwar wird die Familie, nachdem Emil von Haussmann erkannt wurde, weiterhin schikaniert, aber sie leben! Doch dieses kleine Glück währt nicht lange, denn sie müssen vor der heranrückenden Roten Armee flüchten. Als nur noch wenige Tage Fußmarsch in die Freiheit führen, wird Emil von Milizionären abgeführt.

Mark Sullivan erzählt in seinem Roman „Das letzte grüne Tal“ die reale Geschichte der Familie Martel. Obwohl er über ein Jahr Nachkommen befragt und unter anderem mit den beiden Söhnen Wilhelm und Waldemar Nachforschungen an Originalschauplätzen betrieben hat, die bis zu dem von ihnen als Kleinkinder verlassenen Bauernhof in der Ukraine führten, war er gezwungen, Lücken mit Fiktion zu füllen. Ebenfalls real ist die Person des SS-Hauptsturmführers Haussmann, der eine Anordnung von Heinrich Himmler ignoriert haben soll. Zwischen Hoffen und Bangen blicken Emil und Adeline immer wieder auf ihr Leben zurück, die der Autor in eigenen Kapiteln aufgreift: So wurde beispielsweise Adelines Vater Karl von Stalins Geheimpolizei wegen eines Vorwandes im Jahr 1930 nach Sibirien verschleppt, von wo er nie zurückkehrte.

Der Roman „Das letzte grüne Tal“ ist eine Chronologie des letzten Kriegsjahres, wobei Mark Sullivan eindrucksvoll die Überlebenskämpfe schildert: Vertriebene und Gefangene hatten sowohl mit unerträglicher Hitze, wie auch mit bitterster Kälte zu Beginn des Jahres 1945 zu kämpfen, fürchteten Malaria, Typhus oder Cholera. Gras hat ihre Mägen gefüllt, wenn auf dem Schwarzmarkt nicht einmal für einen Ehering Lebensmittel zu beschaffen waren. In diesem Zusammenhang weist der Autor darauf hin, dass im Holodomor, der schweren Hungersnot der Jahre 1932-33, über vier Millionen Ukrainer verhungerten; nach Angaben von Wikipedia sollen es sogar bis zu vierzehn Millionen gewesen sein. Auf Männer, die in Arbeitslagern Zwangsarbeit verrichten mussten, wartete oftmals der Tod; nach Sibirien Verschleppte mussten unter unmenschlichen Bedingungen in Bergwerken arbeiten. Mark Sullivan zollt Respekt für seine mitreißende und äußerst spannend umgesetzte Geschichte über das entbehrungsreiche Leben der Familie Martel, zumal sie deutlich macht, was ein Mensch bereit ist zu tun, um seine Liebsten zu schützen!

Das letzte grüne Tal von Mark Sullivan

Das letzte grüne Tal
Übersetzung von Peter Groth
Tinte & Feder 2021
Taschenbuch
619 Seiten
ISBN 978-2-49670-563-8

Bildquelle: Amazon
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