Eine bittere Wahrheit von Nicci French

Eine bittere WahrheitDer Thriller „Eine bittere Wahrheit“ ist das neueste Werk der beiden erfolgreichen Autoren Nicci Gerrard und Sean French, die seit über zwanzig Jahren unter dem Pseudonym Nicci French mit ihren außergewöhnlichen Thrillern für Furore sorgen.

Tabitha Hardy sitzt in Untersuchungshaft, denn sie wird beschuldigt, ihren Nachbarn Stuart Rees ermordet zu haben. Sie war erst vor wenigen Wochen in das kleine idyllische Dorf Okeham an der englischen Küste zurückgekehrt, an den Ort ihrer Kindheit und Jugend. Mit dem Wunsch, dort Ruhe zu finden, hatte sie ein altes, verfallenes Haus in direkter Nachbarschaft zu ihrem ehemaligen Lehrer Stuart Rees gekauft, das sie mit Hilfe des Handwerkers Andy wieder herrichten wollte. Doch kann sie sich nur lückenhaft erinnern, was an jenem einundzwanzigsten Dezember passiert ist, bevor Andy die blutüberströmte Leiche ihres Nachbarn in einer Plastikfolie eingewickelt in dem Schuppen hinter ihrem Haus gefunden hat.

Mit fünfzehn Jahren wurde Tabitha von ihrem Mathelehrer Stuart Rees mehrfach sexuell missbraucht. Seitdem leidet sie unter schweren Depressionen und psychischen Problemen. Sie wurde deshalb schon zweimal in einer Klinik behandelt. Außerdem nimmt sie Medikamente, die ihr Erinnerungsvermögen beeinträchtigen. Unter den Dorfbewohnern gilt sie als Außenseiterin und findet weder Freunde noch Fürsprecher, doch alle Indizien sprechen gegen sie. Und da selbst ihre Anwältin nicht an ihre Unschuld glaubt, beschließt sie, sich selbst zu verteidigen. Im Gefängnis beginnt sie ihre Ermittlungen, studiert die Akten, befragt die Zeugen und findet heraus, dass einige Dorfbewohner, denen Stuart Rees das Leben schwer gemacht hat, zwar ein Motiv gehabt hätten, doch nur sie selbst hatte die Gelegenheit ihn zu töten.

Die Handlung des Thrillers „Eine bittere Wahrheit“ setzt zu dem Zeitpunkt ein, als sich Tabitha bereits in Untersuchungshaft befindet. Nicci French schildert zunächst sehr anschaulich die Haftbedingungen in dem Gefängnis und erst nach und nach erfährt der Leser etwas über den eigentlichen Tathergang und die Ermittlungen, die dazu geführt haben, dass Tabitha als Verdächtige verhaftet wurde. Nachdem deutlich wird, wie schwierig es werden kann, ihre Unschuld zu beweisen, erscheint der Entschluss, auf den rechtlichen Beistand ihrer Pflichtverteidigerin zu verzichten und sich selbst zu verteidigen, ohne die geringsten juristischen Kenntnisse zu haben, nicht plausibel und eher wie die Reaktion eines trotzigen Kindes.

Die Protagonistin, die sich selbst für unschuldig hält, kann durch ihre aufbrausende Art und ihr befremdliches Verhalten weder die Sympathien der Dorfbewohner oder anderer Handlungspersonen, noch die des Lesers für sich gewinnen. Der eigentliche Kriminalfall und der angenehme Schreibstil der Autoren, sowie der ungewöhnliche Aufbau des Plots, wecken zwar das Interesse des Lesers, doch plätschert die Handlung zunächst vor sich hin und entwickelt sich erst nach einigen hundert Seiten zu einem richtigen Thriller, der während der Gerichtsverhandlung sogar mit einer überraschenden Entwicklung aufwarten kann. Dabei hätten es die Autoren besser auch belassen, denn am Ende wirkt die Auflösung realitätsfremd und zu sehr konstruiert.

Eine bittere Wahrheit von Nicci French

Eine bittere Wahrheit
Übersetzung von Birgit Moosmüller
C. Bertelsmann Verlag 2020
Broschur
505 Seiten
ISBN 978-3-570-10378-4

Bildquelle: C. Bertelsmann Verlag
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