Ein Urlaub, der alles verändert
Während eines Familienurlaubs auf Sardinien kommt es zwischen Ilka und ihrem Mann Dennis zu einem Streit, nachdem er sie erneut mit einer anderen Frau betrogen hat. Hals über Kopf verlässt sie ihn daraufhin mit den beiden Kindern Thea und Felix. Doch wegen eines Motorschadens an ihrem Auto kommt sie nicht weit. Es bleibt ihr nichts anderes übrig, als ausgerechnet in einem Gay-Resort für eine Nacht unterzukommen.
Obwohl Helmer, der Betreiber des Schwulenhotels, Ilka und die Kinder nur widerwillig aufnimmt, macht er ihr am nächsten Morgen das Angebot, auch für die verbleibenden drei Tage bis zum Heimflug zu bleiben. Auf die pubertierende Thea und ihren sechsjährigen Bruder Felix, der bevorzugt eine rosa Badehose trägt, warten aufregende Tage. Sie machen Bekanntschaft mit Olga, einem Transvestiten, sowie einem schwulen Männerchor.
Perspektivenvielfalt und Klischees mit Tiefgang
Volker Surmann erzählt seinen Roman Mami, warum sind hier nur Männer?* aus verschiedenen Perspektiven, indem er die jeweiligen Figuren in der Ich-Form berichten lässt – inklusive der naiven Fragen des kleinen Felix. Wie zu erwarten, bedient sich der Autor bei diesem Thema zahlreicher Klischees, vernachlässigt dabei jedoch weder interessante Informationen über Sardinien noch über das Leben der Männer, die Ilka im Resort kennenlernt.
So überrascht nicht nur die Vergangenheit des Transvestiten Olga, sondern auch Helmer profitiert davon, Ilka sein Herz auszuschütten.
Gesellschaftskritik hinter der Fassade
Ganz so oberflächlich, wie der Roman auf den ersten Blick erscheint, ist er keineswegs. Surmann geht mit der Kirche hart ins Gericht, etwa wenn Olga es als anmaßend empfindet, dass „fanatische Christen“ über Moral mitreden wollen, obwohl sie selbst „in lebenslanger Enthaltsamkeit oder gelegentlichem Missbrauch eines Chorknaben“ leben.
Warum, fragt der Autor, sollte es für einen jungen Mann verwerflicher sein, mit „zehn geilen Kerlen eine Nacht durchzubumsen“, als für eine Arztgattin, die einmal im Monat für ihren Mann „drei Minuten die Beine breit“ macht, ohne ihre eigenen sexuellen Wünsche befriedigt zu sehen? Damit klagt Surmann eine Doppelmoral an, die selten öffentlich diskutiert wird.
Ein weiteres Tabu spricht er mit den älteren homosexuellen Männern an – ein Thema, das selbst in einschlägigen Kreisen kaum Beachtung findet, da Homosexualität oft mit Jugend, Attraktivität und sportlicher Erscheinung gleichgesetzt wird.
Wortwitz, Skurrilität und Urlaubslektüre mit Potenzial
Trotz der ernsten Themen und kontroversen Diskussionen über Treue bietet der Roman jede Menge Wortwitz und Szenen zum Schmunzeln. Besonders amüsant ist etwa die Szene, in der Helmer und Ilka den kleinen, wissbegierigen Felix nach seinen Beobachtungen im sogenannten Spielzimmer befragen – einem Raum mit einschlägigem SM-Spielzeug, das möglicherweise eine Traumatisierung des Kindes zur Folge haben könnte.
Mit flotten Sprüchen und einem lockeren Erzählstil ist Mami, warum sind hier nur Männer?* eine ideale, leicht zu lesende Urlaubslektüre – und das offene Ende macht Hoffnung auf eine Fortsetzung.
Mami, warum sind hier nur Männer? von Volker Surmann
Goldmann Verlag 2015
Taschenbuch
288 Seiten
ISBN 978-3-442-48207-8