Wunderbare Möglichkeiten – Ein Kinderroman mit Tiefgang

Buchcover des Kinderromans Wunderbare Möglichkeiten

Ein ungewöhnlicher Junge mit besonderem Interesse

Maximilian ist elf Jahre alt und interessiert sich – im Gegensatz zu seinem Freund Yasin – weniger für Fußball als für Bücher. Vor allem Werke und Filme, die von vergangenen Zeiten handeln, faszinieren ihn. Deshalb spricht er gelegentlich selbst so gewählt wie früher. In seiner Klasse redet er seinen Lehrer, der sich meist von Maximilian provoziert fühlt, schon mal in der dritten Person an. Im Deutschunterricht sorgt sein Beitrag zu einem Gedicht für Gesprächsstoff.

Als die Klasse in einem Steinbruch nach Versteinerungen sucht, erinnert sich Maximilian plötzlich daran, wie zwei Bergsteiger Ötzi entdeckt haben – und dass er die Mumie im Museum in Bozen gesehen hat.

Freundschaft, Konflikte und ein besonderer Onkel

Yasin und Maximilian sind mit dem Fahrrad unterwegs, als sie zufällig David – einen geistig behinderten Jungen, den alle wegen seiner Größe nur „Liliput“ nennen – aus der Gewalt von Josip und Ketchup (eigentlich Jakob) befreien. Die vier Jungen besuchen dieselbe Klasse, und es kommt immer wieder zu Reibereien, da Josip und Ketchup auf Krawall gebürstet sind.

Gerne besucht Maximilian mit Yasin seinen Onkel Andreas, mit dem er sich bestens versteht. Im Gegensatz zu seinen Eltern, die ihn bei allem für zu klein halten, behandelt ihn der Onkel nicht wie ein kleines Kind. Eines Tages nimmt Maximilian auch Anna mit, auf die er schon seit Längerem ein Auge geworfen hat. Bei Andreas entwickelt sich ein Gespräch über den Film Moderne Zeiten, in dem Charlie Chaplin kritisch auf die krankmachende Fließbandarbeit aufmerksam macht. Der Onkel resümiert, dass nur eine „Revolution im Denken“ diesem Wahnsinn, immer mehr zu wollen, ein Ende bereiten könne.

Ein Roman, der Kinder ernst nimmt

Wunderbare Möglichkeiten* ist ein Roman, den Manfred Mai für Kinder von zehn bis zwölf Jahren im Erzählstil geschrieben hat. Den jungen Lesern fällt es leicht, sich mit dem aufgeweckten Protagonisten zu identifizieren, da das, was er denkt und sich nicht zu sagen traut, kursiv und in der Ich-Form wiedergegeben wird.

Maximilian hinterfragt alles und achtet auf kleinste Details. Ihn beschäftigt, ob alles im Leben zufällig passiert, und es stört ihn ungemein, dass ihm seine Eltern häufig Antworten auf seine Fragen schuldig bleiben. Zum Glück hat er eine ältere Schwester, die ihn bei Ärger mit den Eltern in Schutz nimmt und mit der er gerne interessante Gespräche führt. Das gilt auch für seinen Onkel, der ihn für seine ehrliche Meinung lobt und sich darüber beklagt, dass die Menschen den Tod ignorieren und die Alten ins Heim abschieben.

Gesellschaftskritik für junge Leser

Manfred Mai trifft in seinem Roman Wunderbare Möglichkeiten* bedeutende Aussagen über die Zeit – eine Ressource, die heutzutage niemand mehr zu haben scheint, obwohl uns viele Arbeiten durch moderne Errungenschaften abgenommen werden. Eigentlich müssten wir mehr Zeit haben.

Das Thema, über das selbst Erwachsene stundenlang philosophieren könnten, hat Mai kindgerecht mit passenden, teils drastischen Ausdrücken aufgearbeitet – aber auch für alle Altersgruppen interessant geschrieben. Wichtig ist dem Autor, dass ein Mensch auf seine eigene Stimme hören soll und nicht auf das Gerede der anderen.

Kurz spricht er auch das Schicksal der Straßenkinder in Rio de Janeiro an und beklagt die Ungleichverteilung von Arbeit: Auf der einen Seite gibt es Arbeitslose, auf der anderen Menschen, die zu viel arbeiten müssen. Das Buch punktet mit jeder Menge Wissensvermittlung und ist allen neugierigen und wissbegierigen Kindern wärmstens zu empfehlen – besonders jenen, für die das abgedruckte Zitat von Albert Einstein gilt: „Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“

Wunderbare Möglichkeiten von Manfred Mai

Buchcover des Kinderromans Wunderbare Möglichkeiten
Fabulus Verlag 2016
Hardcover
127 Seiten
ISBN 978-3-944788-40-1

Bildquelle: Fabulus Verlag

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