Puppen sind doch nichts für Jungen! von Ludovic Flamant

Puppen sind doch nichts für Jungen!Längst haben sich die Rollen der Geschlechter verändert: Frauen besorgen nicht mehr nur den Haushalt und hüten die Kinder, sondern gehen einer beruflichen Tätigkeit nach, während sich die Männer durchaus auch an den häuslichen Aufgaben beteiligen, indem sie einkaufen, kochen oder die Wäsche aufhängen. „Puppen sind doch nichts für Jungen!“, heißt es provokativ in dem Kinderbuch von Ludovic Flamant. Doch wie sieht das sein Protagonist? Nico bekommt nämlich von seiner Tante eine Puppe aus Stoffresten und ist über Mimi, wie er sein Geschenk nennt, begeistert. Zunächst wundern sich seine Eltern nur über ihren Sohn, können jedoch nicht akzeptieren, dass dieser sich weigert in die Schule zu gehen, weil er Mimi dorthin nicht mitnehmen darf.

Der Vater sieht keinen anderen Ausweg, als Nico den Kauf eines ‘super echten Jungenspielzeugs‘ in Aussicht zu stellen. Sein älterer Bruder reklamiert dieses Recht natürlich auch für sich und entscheidet sich für eine Ritterfigur. Nicos Vater versucht ihn mit einem Schwert, Feuerwehrhelm und Rennauto zu locken und wird wütend, als er sich einen Puppenwagen für Mimi wünscht. Trotz aller Proteste wird für Nico kurzentschlossen ein Werkzeugkasten, wie ihn Erwachsene haben, gekauft. Doch der Vater kann sich nicht beruhigen. Letzten Endes führt seine Wut zum Streit der Eltern, was den Bruder zu der besorgten Frage veranlasst, ob sie sich scheiden lassen wollen. Zum Beweis dafür, dass das nicht der Fall ist, küssen sie sich.

Als Nico endlich Interesse an dem Werkzeugkasten zeigt, hat der Vater keine Zeit, wie versprochen mit ihm zu basteln, da er mit dem älteren Bruder spielt. Nico ist sich selbst überlassen und schlägt mit dem Hammer auf die Trommel, worauf ihm die Mutter den Hammer wegnimmt. Dann sägt Nico mit der Säge ein Stuhlbein ab, was zur Folge hat, dass ihm der Werkzeugkasten weggenommen wird. Die Mutter fordert vom Vater die Einlösung seines Versprechens, doch der meint, dass sie mit Nico basteln soll. Bevor die Eltern wieder in Streit geraten, zieht der Bruder Nico mit sich in die Garage. Stolz präsentieren sie anschließend den Eltern…, na, was wohl?, einen selbst gebauten Puppenwagen für Mimi!

Die interessante Geschichte wird von Nicos Bruder, dessen Name unbekannt bleibt, in der Ich-Form erzählt. Ebenso bleibt das Alter der Brüder unerwähnt, wobei bekannt ist, dass Nico bereits die Schule besucht. Wenn es sich bei „Puppen sind doch nichts für Jungen!“ auch um ein Kinderbuch handelt, das Kindern ab einem Alter von drei Jahren vorgelesen werden kann, so gibt es doch auch Erwachsenen zu denken. Warum sollen nicht auch Jungen mit einer Puppe spielen, wenn sie, wie heutzutage üblich, als spätere Väter ihren Kindern die Windeln wechseln, sie baden, spazieren fahren oder sich in all den Lebenslagen um ihren Nachwuchs kümmern, wie es seit jeher die kleinen Mädchen als Puppenmama gelernt haben und so früh in ihre Rolle hineinwachsen konnten? Es wird Zeit, mit diesen Klischees aufzuräumen und jedem Kind Zugang zu jedem Spielzeug zu gewähren.

Ludovic Flamant liefert mit seinem Kinderbuch einen wichtigen Beitrag zu diesem Thema, wobei er sich auf eigene leidvolle Erfahrung stützen kann: Mit zwölf Jahren hat man ihn zu alt für seine Playmobil-Figuren gehalten und hat sie ihm kurzerhand weggenommen. Für das auf etwas dickerem Papier gedruckte Buch, das sich auf wesentliche Textstellen beschränkt, hat Jean-Luc Englebert aussagekräftige Illustrationen geschaffen, die allein schon für sich sprechen!

Puppen sind doch nichts für Jungen! von Ludovic Flamant

Puppen sind doch nichts für Jungen!
Picus Verlag 2017
Hardcover
40 Seiten
ISBN 978-3-85452-197-6

Bildquelle: Picus Verlag
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