Während Mittelerde in Tolkiens „Der Herr der Ringe“ eine fiktive Welt ist, kann Carola Clasens Mitteldorf relativ leicht geografisch zugeordnet werden, denn es befindet sich, wie der Titel des Romans bereits verrät, „Nirgendwo in der Eifel“, obwohl die Oleftalsperre, an der Mitteldorf gelegentlich zu finden ist, in der Nähe von Hellenthal liegt.
Magnus Faber hat die Buchhandlung auf der Burgstraße von seinem Vater geerbt, der erschöpft von der Trauer um seine drei Jahre zuvor verstorbene Frau auch gestorben ist. Neben der schlecht gehenden Buchhandlung vererbte er seinem Sohn einen schwarzen Opel Rekord, Baujahr 1957, und 25.000 Euro Schulden. Aber nun muss Faber seine einzige Angestellte Eva Zimmermann entlassen, denn er kann sich ihr Gehalt nicht mehr leisten. Die 100 Euro pro Woche sind mehr, als er für sich selber zur Verfügung hat und er bietet ihr einen vollen Monatslohn als Abfindung an. Doch Eva – die Faber auch privat zur Hand geht, seine Wäsche in die Wäscherei bringt und auf dem Wochenmarkt für ihn einkauft – sieht in ihm den idealen Mann zum Heiraten. Sie möchte mit Faber zusammen die Buchhandlung retten, den Laden renovieren und endlich Kriminalromane in das Angebot aufnehmen. Denn sie hat keine Ahnung, wie es um ihn steht und weiß nichts von seinem Kredit.
Noch am gleichen Tag erscheint Oskar Pesch nach Ladenschluss in der Buchhandlung. Faber hatte nach dem Tod seines Vaters bei Pesch & Söhne einen Kredit von 50.000 Euro aufgenommen, um die alten Schulden zu bezahlen und mit dem Rest zu überleben. Doch nun sind die drei Jahre um und Pesch fordert die Rückzahlung der Kreditsumme plus Zinsen. Er räumt Faber eine Frist von 24 Stunden ein und droht den Laden in die Luft zu sprengen. Faber sieht nur eine Lösung, denn ohne Buchhandlung ist sein Leben nichts mehr wert. Als sein Blick auf das Ölgemälde „Die Staumauer der Olef bei Mitteldorf“ fällt, hat er eine Idee. Seine Mutter hatte ihm viel von ihrer Heimat, der Eifel, erzählt und obwohl Faber die Stadt Brühl noch nie verlassen hat und keinen Führerschein besitzt, macht er sich mit dem alten Opel auf den Weg. Dass der Ort Mitteldorf auf keiner Karte zu finden ist, beunruhigt ihn nicht weiter. Doch sind ihm zwei Verfolger auf den Fersen: Zunächst einmal Oskar Pesch, der den Kredit eintreiben will und Bernd Zimmermann, der Bruder von Eva, der aussieht wie Columbo und deshalb oft für einen Polizisten gehalten wird.
Carola Clasen, die eigentlich Kriminalromane schreibt, hat ihren Protagonisten Faber mit allen Vorurteilen gegenüber diesem Genre ausgestattet, wodurch er als Buchhändler zum Scheitern verurteilt ist. Was ihn in eine aussichtslose Situation bringt, in der sich nur ein Selbstmord als Lösung anbietet. Doch einen Ort wie Mitteldorf, in dem das Wetter immer schön ist, gibt es wohl „Nirgendwo in der Eifel“. Einen zeitlosen Ort, dessen skurrile Bewohner nach seltsamen Regeln von dem leben, was die Selbstmörder auf der Staumauer hinterlassen. Wer nicht gleich springt, wird im Hotel „Zur letzten Minute“ untergebracht und muss eine Aufgabe lösen, die ihm die Gelegenheit bietet seinen Entschluss noch einmal zu überdenken. Wer bereits gesprungen ist, findet seine letzte Ruhestätte in einem blühenden Garten vor der Kirche. Der streckenweise surreale Roman „Nirgendwo in der Eifel“ von Carola Clasen ist sehr unterhaltsam, aber auch spannend geschrieben, er amüsiert und fesselt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite.
Nirgendwo in der Eifel von Carola Clasen
KBV Verlag 2012
Taschenbuch
240 Seiten
ISBN 978-3-942446-74-7