Nachts ist jeder ein Feind von Bruno Schrep

Wahre Geschichten!

Nachts ist jeder ein FeindBruno Schrep stellt in seinem Buch „Nachts ist jeder ein Feind“ siebzehn wahre Geschichten vor, allesamt erlittene Schicksale. Zunächst beschreibt er den Lebensweg eines jungen Obdachlosen, der nie eine Chance hatte. Wie dieser hat auch eine „schwarz“ arbeitende Pflegekraft, die Tag und Nacht eine alte Frau versorgt, rumänische Wurzeln. Rund um die Uhr werden auch, einer Intensivstation ähnlich, Pflegebedürftige von einem Pflegebetrieb in einem Mehrfamilienhaus versorgt, was allerdings den Unmut der übrigen Wohnungseigentümer heraufbeschwört. In einem anderen Fall haben die Söhne ihrer in einem Heim untergebrachten Mutter auf ihre Beschwerde hin das unmenschliche Verhalten einer Altenpflegerin mit einer versteckten Kamera dokumentiert.

Der Autor schildert anhand eines konkreten Beispiels, dass jeder in einer Notwehrsituation das Recht hat, sich zu wehren, selbst dann, wenn er den Angreifer töten muss. Wie in dieser Geschichte reichen auch in dem Fall, bei dem das Leben eines kleinen Jungen jäh beim Einkauf in einem Supermarkt zerstört wird, wenige Sekunden aus, um alles zu verändern. Einer Mutter, deren Kinder vom Vater ermordet wurden, bleiben nur noch die auf ihrer Schulter tätowierten Sternchen als Erinnerung. Während eines Besuchs bei ihrer Nichte kommt eine Frau zu Tode, als sie von einem Lieferwagen auf dem Fußgängerüberweg angefahren wird, und ein bereits 1986 verübter Mord kann selbst heute im Zeitalter der DNA-Analysen nicht aufgeklärt werden, weil Beweismittel verschwunden sind.

„Nachts ist jeder ein Feind“ ist der Titel einer sich im Hamburger Stadtteil Jenfeld zugetragenen Geschichte. Auf einem Seminar konsumieren Heilpraktiker halluzinogene Drogen mit ungeahnten Folgen. Schwerwiegende Folgen hat auch die von der Bistumsleitung vorschnell eingestandene Aufsichtspflichtverletzung für eine Erzieherin. Während sich ein Paar darum streitet, wem die eingefrorenen Eizellen gehören, geht es in einem anderen Fall um eine Eizelle, die bei einer künstlichen Befruchtung vertauscht wurde. Eine Geschichte beschreibt einen ungewöhnlichen Fall von drei ausgesetzten Säuglingen, in anderen geht es um paranoide Schizophrenie oder um die Gefahren, derer sich illegale Sprayer an riskanten Orten aussetzen.

Bruno Schrep macht in seinen sachlich formulierten, wahren Geschichten genaue Ortsangaben, nennt Daten und bis auf wenige Ausnahmen auch die richtigen Namen. Er lässt Freunde, Verwandte, Arbeitskollegen, Nachbarn, polizeiliche Ermittler sowie Opfer selbst zu Wort kommen. Immer wieder ist von Pannen bei den Ermittlungen und Widersprüchen die Rede. Darüber hinaus weist er auf eine Gesetzeslücke hin und macht in diesem Zusammenhang deutlich, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik unbedingt erweitert werden müssten. Eine Unterbringung sollte bereits bei latenter, und nicht erst bei akuter Gefahr für die Allgemeinheit erfolgen. Kritisch sieht er auch die von der Bundesregierung bereitgestellten Gelder für die ambulante Pflege, da Pflegebetriebe das Gesetz mit einem „WG-Kniff“ in ihrem Sinn ausnutzen. Während sich für diese ein lukratives Geschäft entwickelt hat, müssen sich Altenpfleger im Gegensatz dazu mit „kümmerlichen Gehältern“ begnügen. Selbst die Krankenkassen beklagen die „fiesen Tricks“ einiger Pflegebetriebe.

Die traurigen und ergreifenden Schicksale können schon „unter die Haut gehen“ und lassen den Leser je nach Geschichte wütend, betroffen oder auch beschämt zurück, denn alles ist in unserem wohlhabenden Land passiert, unter unser aller Augen! Gerade deshalb ist die interessant geschriebene Lektüre besonders lesenswert.

Nachts ist jeder ein Feind von Bruno Schrep

Nachts ist jeder ein Feind
Hirzel Verlag 2019
Broschur
187 Seiten
ISBN 978-3-7776-2800-4

Bildquelle: Hirzel Verlag
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