
Frühe Anzeichen und erste Zweifel
Als betroffene Mutter eines autistischen Kindes hat sich Inez Maus dazu entschlossen, anhand ihrer Aufzeichnungen das Buch Mami, ich habe eine Anguckallergie* zu schreiben, um anderen betroffenen Eltern Mut zu machen. Schon wenige Tage nach der Geburt ihres zweiten Sohnes Benjamin stellt sie fest, dass er auf Stoffe, Windeln und Pflegeprodukte mit Hautirritationen reagiert. Auffällig ist auch seine Abneigung gegenüber jeglichen Veränderungen. Sein Schlafbedürfnis ist gering, und er fremdelt selbst gegenüber vertrauten Personen. Benjamin zeigt eine verzögerte Sprachentwicklung und befolgt keine Aufforderungen, sodass die Eltern erstmals an Autismus denken, als er etwa zwei Jahre alt ist.
Alltag mit einem besonderen Kind
Inez Maus berichtet von ihren Erfahrungen beim Besuch einer Kleinkindgruppe, wo sie – wie so häufig in den folgenden Jahren – nur Unverständnis erntet. Sie schildert die familiären Herausforderungen, die sich durch die Geburt eines weiteren Kindes und den damit verbundenen Umzug ergeben. Beim Anblick der gepackten Kisten ahnt und fürchtet Benjamin Veränderungen. Er gewöhnt sich nur schwer an die neue Wohnung und hält ungewöhnlich lange an seinem Buggy fest. Blutende Wunden versetzen ihn in Panik, und das Duschen bereitet ihm große Ängste.
Die Mutter konsultiert mit Benjamin zahlreiche Ärzte – ein zeitintensiver und nervenaufreibender Prozess, da sich Benjamin häufig erfolgreich verweigert. Immer wieder sieht sich Inez Maus mit Schuldzuweisungen von Fachleuten und anderen Eltern konfrontiert und ist zunehmend verzweifelt.
Diagnosen, Rückschläge und kleine Fortschritte
Benjamin besucht einen Integrationskindergarten. Mit vier Jahren sagt er zum ersten Mal „Papa“, und ein halbes Jahr später diagnostiziert eine Ärztin „leichte autistische Züge“. Mitte der 1990er Jahre bietet das Internet den Eltern nur wenige Informationen, und auch von Hilfsorganisationen erhalten sie keine Unterstützung. Benjamin bekommt den Stempel „nicht beschulungsfähig“ aufgedrückt. Erst eine Ambulanzlehrerin, die auf Kinder und Jugendliche mit autistischen Zügen spezialisiert ist, macht den Eltern Hoffnung.
Benjamin besucht eine Vorschule für Körperbehinderte. Als er mit sechs Jahren einem Neurologen vorgestellt wird, beginnt erneut ein nervenaufreibender Prozess. Selbst alltägliche Dinge stellen für ihn große Herausforderungen dar. Inez Maus beschreibt, dass es sie ein halbes Jahr Ausdauer gekostet hat, ihren Sohn bis zum Hals in ein Schwimmbecken zu führen. Sie ist stolz darauf, dass Benjamin schließlich in einer Schule für Körperbehinderte aufgenommen wurde. Erst zwei Jahre nach seiner Einschulung wird die Diagnose Autismus offiziell gestellt.
Ein ehrlicher Einblick in das Familienleben
Inez Maus schildert ausführlich und detailliert Begebenheiten aus dem Alltag. Ihr flüssiger Schreibstil macht die Lektüre angenehm. Auch wenn sie von keiner Seite Verständnis für ihr Verhalten gegenüber Benjamin erfahren hat, so haben sie und ihr Mann viel Geduld aufgebracht – oft mit dem Gefühl, gegen eine Wand zu reden. Erst später erfahren sie, dass ihr Sohn vieles verstanden hat, auch wenn er nie eine Reaktion zeigte.
Da die Familie Benjamin mit Geschenken zu Untersuchungen motivieren musste, die zudem mit Fahrten und Kosten verbunden waren, wird deutlich, vor welche Herausforderungen Eltern gestellt werden, die von Sozialleistungen leben müssen.
Fazit und kritische Betrachtung
Inez Maus schließt das Buch Mami, ich habe eine Anguckallergie* mit der Ankündigung einer Fortsetzung. Der Leser hofft auf eine weitere positive Entwicklung von Benjamin. Das Buch kann betroffenen Eltern empfohlen werden – insbesondere jenen, die noch nicht wissen, dass ihr Kind autistisch ist. Für Eltern, die bereits eine ähnliche Odyssee hinter sich haben, dürfte das Buch weniger relevant sein, und auch Fachleute werden es vermutlich nicht zur Hand nehmen.
So bleibt die Frage, wem das Buch tatsächlich hilft. Vielleicht dem Hersteller von LEGO und DUPLO – denn diese Begriffe werden über fünfzig Mal erwähnt.
Mami, ich habe eine Anguckallergie von Inez Maus

Engelsdorfer Verlag 2013
Broschur
286 Seiten
ISBN 978-3-95488-243-4