Wir haben alles hingekriegt von Elke Schleich

Die Geschichte von Gerti und Leni!

Wir haben alles hingekriegtIm Frühjahr 1945 machen sich Gerti und Ilse mit einem Handkarren auf den Weg in ihre Heimat, nachdem sie für ein halbes Jahr als Wehrmachtshelferinnen bei der Flak-Batterie in Niedersachsen gedient haben. Immer sitzt ihnen die Angst im Nacken, dass amerikanische Soldaten handgreiflich werden könnten. Unterwegs kommen sie für die Nächte bei Bauern unter, und ab Bielefeld schließen sich ihnen Daniel und Karl an, zwei junge Männer, die gerade von der Front kommen. In Unna werden sie von Karls Mutter freundlich bewirtet. Von nun an muss sich Gerti von Ilse trennen, die alleine nach Iserlohn weiterzieht, während Gerti sich weiter mit Daniel auf den Weg macht. Zwischen den beiden entwickelt sich eine starke Zuneigung und Gerti ist umso enttäuschter, als sie eines Tages nur noch einen Abschiedsbrief von Daniel vorfindet.

Zu Hause in Gelsenkirchen-Schalke lernt Gerti über eine verletzte Brieftaube, die sie aufpäppelt, Heinz kennen. Sie fahren zum Baden an den Rhein-Herne-Kanal und verlieben sich ineinander. Vierzehn Jahre später sind sie ein Paar und haben drei Kinder. Doch das Glück der ersten Jahre ist getrübt, weil Heinz nur zu gerne dem Alkohol zuspricht. Als Gerti unerwartet einen Brief erhält und unmittelbar darauf ein schrecklicher Unfall geschieht, muss sie eine Entscheidung treffen.

Leni, das jüngste Kind von Gerti und Heinz, ist von Kindesbeinen an vom Lesen lernen besessen und spart ihr Geld für Reitstunden, weil sie Pferde liebt. An der Seite ihrer Freundin Marlis wird sie erwachsen. Zu Jürgen, Werner und Marius fühlt sie sich hingezogen und spürt ein Kribbeln im Bauch. Als sie sich unschlüssig darüber ist, wer wohl der Richtige sein könnte, macht ihre Mutter ihr ein Geständnis.

Jedes Kapitel in dem Buch „Wir haben alles hingekriegt“ von Elke Schleich beginnt mit einer Ich-Erzählung von Gerti oder Leni, die ihre Geschichte in einem Tagebuch festhalten. In einem flüssigen Erzählstil geht es dann weiter. Die schwere Zeit, unmittelbar nach Kriegsende, hat die Autorin sehr realistisch wiedergegeben: Die Städte lagen in Trümmern; es gab zu wenig Lebensmittel, so dass die Bevölkerung Hunger leiden musste. Der Schwarzmarkt blühte, und die Menschen zog es aufs Land zum Hamstern. Nicht nur da mussten sie weite Strecken zu Fuß zurücklegen, sondern auch, wenn ein Besuch bei Verwandten anstand, was für die meisten jungen Menschen heutzutage schwer vorstellbar ist.

Als Handlungsorte hat sich Elke Schleich mit Orten wie Schalke, Buer, Westerholt und Essen für das Ruhrgebiet entschieden, wo sie selbst auch beheimatet ist. Sie erinnert an den damaligen Kleidungsstil, als die Kunstfaser Perlon aufkam und die Damen Popelinmäntel kauften, während die Herren eine Gabardine-Hose trugen. Für Kinder gab es Elastikhosen mit einem Steg, und die heranwachsenden Mädchen waren stolz, wenn sie Knautschlacklederstiefel oder Hotpants besaßen. Wegen der noch nicht wie heute üblichen Vielfalt an Fernsehprogrammen fiel die Entscheidung am Samstagabend nicht schwer und in den Familien wurde eine neue Folge vom Ohnsorg-Theater angeschaut. Die Geschichten von Gerti und Leni sind nicht nur, jedoch besonders für Menschen, die das Ruhrgebiet kennen, interessant zu lesen, weil die Autorin ihre Protagonisten natürlich auch im Ruhrgebietsdialekt erzählen lässt, wenn es draußen „plästert“ oder jemand „wegen dem appen Arm“ Probleme hat. „Wir haben alles hingekriegt“ ist ein lesenswertes Zeitzeugnis vom Kriegsende bis in die Mitte der 1960er Jahre und weckt bei vielen Lesern sicher die eine oder andere Erinnerung.

Wir haben alles hingekriegt von Elke Schleich

Wir haben alles hingekriegt
Verlag Henselowsky Boschmann 2016
Hardcover
176 Seiten
ISBN 978-3-942094-60-3

Bildquelle: Verlag Henselowsky Boschmann
PGltZyBsb2FkaW5nPSJlYWdlciIgc3JjPSJodHRwczovL3NzbC12ZzAzLm1ldC52Z3dvcnQuZGUvbmEvMDAyZTk4MzAwNmUwNGU5MzhmMzBlMGUwZmU1YTc3MjgiIHdpZHRoPSIxIiBoZWlnaHQ9IjEiIGFsdD0iIj4=

Teile diesen Beitrag