Bretonisch mit Sturm von Gabriela Kasperski

Bretonisch mit SturmDie Buchhändlerin Tereza Berger hat sich in dem bretonischen Camaret-sur-Mer gut eingelebt und plant nach der Renovierung ihrer Villa Wunderblau die Eröffnung eines Gästehauses. Doch zunächst bittet sie Commissaire Gabriel Mahon um die Begleitung zur Hochzeit des Helikopterpiloten Sean, der auf der Insel Quessant eine bretonische Hochzeit mit Nathalie feiern will. Schon am Hafen ist Tereza enttäuscht, weil Gabriel nicht kommt. Wie sie dort erfährt, ist er bereits auf der Insel und lässt ihr die Novelle „Reise in die Hölle“ überreichen, die sie auf der Überfahrt lesen möchte. Schon beim Anblick der anderen Gäste, die mit Windjacke und Schal ausgerüstet sind, während sie in Sommerkleid und Flipflops an Bord geht, beschleicht sie eine Vorahnung. Die hohen Wellen übersteigen die schlimmsten Befürchtungen der sonst so toughen Frau.

Auf dem Weg zum Hotel sieht Tereza Protestflaggen von Windkraftgegnern und entdeckt einen massakrierten, an einer Felsnase aufgehängten Adler. Sie ist froh, endlich bei Sophie-Anne, der Leiterin des Hotels, anzukommen. Tereza erfährt, dass der in der Novelle erwähnte Fracht- und Passagierdampfer Drummond Castle im Juni 1896 vor Quessant gesunken ist, und ausgerechnet an dem Jahrestag soll die Hochzeit stattfinden, was sicher kein gutes Omen sein kann. Mittlerweile weiß sie, dass Nathalie, die Mitarbeiterin von Loic Martin, der die Leitung der geplanten Windkraftanlage hat, die Braut von Sean ist. Und ausgerechnet sein Vater Patrick ist ein vehementer Gegner der in seinen Augen unnötigen Windkraft!

Der Schweizer David, den Tereza bereits auf der Überfahrt kennengelernt hat, campt mit seinen Kindern unerlaubt im Naturschutzgebiet. Er meldet einen zweiten aufgehängten Vogel, was Tereza, die sich mit keltischen Sagen auskennt, gar nicht gefällt. Doch zu ihrem Leidwesen glaubt Gabriel nicht, dass Menschen da nachgeholfen haben. Als der Sturm, der Tereza schon bei ihrer Ankunft auf der Insel prophezeit wurde, immer stärker wird, müssen die Kinder von David schnell aus dem Zelt gerettet werden. Schließlich ist die Insel von der Außenwelt abgeschnitten, kein Schiff kann mehr an- oder ablegen. Sogar die Hochzeit muss verschoben werden, da die Kirche für die Gestrandeten hergerichtet wird. Nicht genug der unglücklichen Ereignisse, entdecken Gabriel und Tereza einen Toten und sie muss um ihr Leben bangen.

Der Kriminalroman „Bretonisch mit Sturm“ ist bereits der vierte Bretagne-Krimi von Gabriela Kasperski. Gabriel lässt im Plot Tereza ein Buch in der Hoffnung zukommen, dass sie herausfindet, ob die Protagonistin der Novelle Mabel mit der Autorin M. Abel identisch ist. Allein schon diese Erzählung, die sich bis zum Ende durch den Roman zieht, fesselt den Leser an den Fortgang der Handlung: Wie ergeht es Mabel, Orel und Alice mit ihren Kindern. Dieses reale Unglück, für das die Autorin umfangreiche Recherchen betrieben hat, wird in einer eigenen, spannenden Geschichte in kursiver Schrift wiedergegeben. Tatsächlich hat es auch den erwähnten Leuchtturmerbauer Sébastien Le Prestre de Vauban gegeben, und der vielfach beschriebene Leuchtturm Phare de la Jument kann noch heute vor der Küste Frankreichs bewundert werden.

Ob da, „wo Atlantik, Nord- und Keltische See sowie der Ärmelkanal“ aufeinandertreffen, wirklich die stärkste Strömung der Welt ist oder das Leuchtfeuer vom Créac’h eine der höchsten Reichweiten Europas hat? Gabriele Kasperski wird es wissen, denn seit Jahren verbringt sie ihren Sommer in der Bretagne. Ihr wird es deshalb auch nicht schwerfallen, die französischen Bezeichnungen auseinanderzuhalten, während der Leser schon mal überlegen muss, was gemeint ist, wenn nur vom „Jument“ die Rede ist.

In ihrem verwicklungsreichen Kriminalroman „Bretonisch mit Sturm“ lässt Gabriela Kasperski ihre Protagonistin, deren Antworten stets zwischen sarkastisch, zynisch und ironisch schwanken, wieder in der Ich-Form berichten. Das Verhältnis zu dem Commissaire ist gespalten, denn Tereza weiß selbst nicht, ob er ihr Freund ist oder nicht. Sie kann es nicht sein lassen und geht ihrem kriminalistischen Spürsinn nach, wobei sie stets darauf bedacht ist, nicht zu viel von ihrem Wissen an ihn preiszugeben. Da der Commissaire ebenso agiert, machen die Dialoge der beiden, neben dem speziellen Menschenschlag der Insulaner, die Geschichte auf amüsante Weise reizvoll. Der Leser darf gespannt sein, ob in einer weiteren Folge dieser Bretagne-Krimis Tereza ihr Gästehaus eröffnet.

Bretonisch mit Sturm von Gabriela Kasperski

Bretonisch mit Sturm
Emons Verlag 2023
Broschur
272 Seiten
ISBN 978-3-7408-1661-2

Bildquelle: Emons Verlag
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