Bretonisch mit Meerblick von Gabriela Kasperski

Bretonisch mit MeerblickDie fast fünfzigjährige und geschiedene Schweizerin Tereza Berger hat von ihrer Tante Annie Gisler ein Haus in Camaret-sur-Mer auf der Halbinsel Crozon geerbt, dass sie verkaufen will. Bevor sie der Maler Severin Lukesch zum Haus führt, macht sie die Bekanntschaft der Surflehrerin Ayala Ngkachana, die ihr von der gefährlichen Strömung im Atlantik erzählt und auch von den zwei Toten in diesem Frühjahr: Bruno und Ronan. Einer alten bretonischen Sage nach fordert die Strömung „Morwen“ alle einhundert Jahre drei Tote, so dass in diesem Jahr noch ein weiteres Opfer im Meer ertrinken wird. Das, so erfährt Tereza, würde sich in einem geringeren Verkaufspreis niederschlagen. Als sie endlich an der „Villa Wunderblau“ ankommt, ist sie von dem verfallenen Haus mit morschen Treppenstufen und nicht funktionierendem Wasser einerseits enttäuscht, findet es andererseits aber auf „schäbige Weise grandios“.

Schon nach der ersten Nacht, die Tereza in der Villa verbracht hat, erhält sie Drohungen in Form von Schmierereien, die am Fenster der zum Haus gehörenden Bibliothek ihrer Tante angebracht wurden. Zudem hat sie das Gefühl, von einem „Kapuzenmann“ beobachtet zu werden, was ihr Angst bereitet. Von den Dorfbewohnern erfährt sie vieles über ihre Tante, die eine begeisterte Surferin gewesen ist und sich mit anderen Frauen für eine autofreie Mole eingesetzt hat. Unerwartet erhält Tereza ein erstes Kaufangebot und entdeckt wenig später am Strand ausgerechnet die Leiche des Mannes, der mit ihr zuletzt gesehen wurde, was sie in den Augen von Commissaire Gabriel Mahon verdächtig macht. Sie darf Crozon vorerst nicht verlassen und unternimmt deshalb eigene Nachforschungen, führt Gespräche mit der Barfrau Magalie, Vizebürgermeisterin Gwenn und Elektriker Isidore. Gibt es eine Verbindung der Toten? Waren es Unfälle und sie nur leichtsinnig, oder wurden sie ermordet?

Der Kriminalroman „Bretonisch mit Meerblick“ von Gabriela Kasperski weckt das Interesse des Lesers trotz der vielen französischen Namen, an die er sich erst gewöhnen muss, von der ersten Seite an. Tereza, die Schokolade liebt, ist vom Charme der bretonischen Küste fasziniert und hin und her gerissen, ob sie verkaufen oder aus der Bibliothek eine Buchhandlung machen und sich in Camaret-sur-Mer niederlassen soll. Die Protagonistin erzählt von dem Geschehen sehr authentisch in der Ich-Form, so dass sich der Leser in das dörfliche Leben, wo viele entweder miteinander verwandt sind oder sich zumindest aus Kindheitstagen kennen, gut hineinversetzen kann. Zu den Ausführungen zählen nicht nur Lokalkolorit, sondern auch das in der keltischen Mythologie symbolträchtige und bedeutungsvolle, drei Kreisbögen umfassende Triskel, das in verschiedenen Ausführungen immer wieder thematisiert wird.

Alle Inselbewohner lauschen zwar der Radiosendung von Sophie, doch obwohl ihre Stimme jeder kennt, weiß niemand, wer sie ist, denn sie ist ein „Insel-Geheimnis“. Die Protagonistin will dem Commissaire, der mit seinem Motorrad Royal Enfield ermittelt, zwar immer einen Schritt voraus sein, doch gelingt ihr das einfach nicht. Blöderweise taucht er in den ungünstigsten Momenten auf, womit er auf seine Fragen Antworten provoziert, die irgendwie immer genau die falschen sind, was den Leser schmunzeln lässt. Außerdem leidet sie an einer partiellen Amnesie eine Nacht betreffend, was ihr überhaupt nicht gelegen kommt. Der sehr lesenswerte Kriminalroman „Bretonisch mit Meerblick“ von Gabriela Kasperski, der trotz aller Spannung auch gut und gerne als Kriminalkomödie bezeichnet werden könnte, besticht durch einen raffinierten Plot, feine ironische Untertöne sowie Überraschungen und endet mit einem Showdown an der von schroffen Felsen umgebenden Plage de Pen Hat, bei dem Tereza im Angesicht des Todes alle Zusammenhänge klar werden.

Bretonisch mit Meerblick von Gabriela Kasperski

Bretonisch mit Meerblick
Emons Verlag 2020
Broschur
254 Seiten
ISBN 978-3-7408-0796-2

Bildquelle: Emons Verlag
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