Zechentod von Sylvia Sabrowski

ZechentodAufgebracht berichtet Martina Goretzka ihrem Nachbarn Willi, seiner Schwiegermutter Kwatkowiak und dessen Enkelin, der Psychologiestudentin Liesa Kwatkowiak, dass sie ihren Ehemann Andy am Samstagabend zuletzt gesehen hat. Am nächsten Morgen war er nicht mehr da und mit ihm sind auch sein Laptop und Handy verschwunden. Da ihr Mann in letzter Zeit heimlich Telefongespräche geführt und sie in seinen Unterlagen die Telefonnummer einer Psychotherapeutin gefunden hat, vermutet Martina, dass ihn etwas bedrückt haben muss. Sohn Timo stellt bedeutungsvoll fest, dass an dem Abend, an dem sein Vater verschwunden ist, auch noch sämtliche Daten auf dessen USB-Stick gelöscht wurden.

Martina bittet Liesa ihr zu helfen, und da Timo hofft, von der Therapeutin mehr zu erfahren, setzt sich Liesa mit ihr in Verbindung. Die weiteren Recherchen ergeben, dass Andy vor seinem Verschwinden Matthias Schleheck angerufen hat, seinen früheren Steiger von der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop. Der war aber auch der Steiger von ihrem Onkel Willi. Liesa hofft, dass ihr Onkel ihr etwas über den Steiger sagen kann. Als der Computerfreak Timo mit Hilfe seiner Kollegen die bereits gelöschten Daten vom Stick seines Vaters zum Teil wiederherstellen kann, sehen Liesa und Timo einen Zusammenhang zu einem Todesfall, der sich im Jahr 1995 unter Tage ereignet hat. Da die Polizei in dieser Sache nicht weiter ermittelt, sind Liesa und Timo fest entschlossen, die Hintergründe aufzudecken.

Der Debütroman von Sylvia Sabrowski befasst sich vordergründig mit dem „Zechentod“, der mit der Schließung des letzten Steinkohle fördernden Bergwerkes Prosper-Haniel in Bottrop im Dezember 2018 besiegelt wurde. Die Autorin, die selbst aus einer Bergarbeiterfamilie stammt und in Bottrop geboren wurde, gibt zu diesem Thema eine Reihe von Hintergrundinformationen wie beispielsweise über die Ewigkeitskosten oder die mit zunehmender Tiefe ansteigende Hitze unter Tage. Sie weist auf den im Bereich der Montanindustrie benutzten Begriff der Anpassung hin, bei dem der Bergmann aufgrund der vom Staat beschlossenen Zechenschließungen frühzeitig in den Ruhestand geht und stellt kritisch infrage, ob die Schließungen wirklich nötig waren, nur weil der deutsche Steinkohlebergbau als unrentabel gilt. Der Satz „Rührt der alte Mann sich, dass die Erde bebt?“ hätte vielleicht der Erklärung bedurft, dass mit „der alte Mann“ abgesperrte oder verlassene Hohlräume unter Tage bezeichnet werden.

Der Kriminalroman „Zechentod“ reiht sich nicht in das übliche Muster ein, das von einem Roman dieses Genres erwartet werden darf, da keine Beamten in die Ermittlungen einbezogen werden. Obwohl der Protagonistin, die unter Angststörungen leidet und weder mit dem Auto, noch mit der Bahn ihre Universität erreichen kann, in brenzligen Situationen immer wieder der kalte Schweiß ausbricht, bleibt die Spannung auf einem mäßigen Level.

Das Geschehen wird von Sylvia Sabrowski anfangs nur unzureichend geschildert. So hat sie kurz das Telefonat mit der Psychotherapeutin wiedergegeben, wobei Liesa lediglich nach einem Termin von Andy gefragt hat. Sie wusste danach, dass er tatsächlich dort Patient war, äußert aber, aus der Therapeutin „nichts mehr rauszukriegen“. Etwas unglaubwürdig ist, dass Liesa Timo zuletzt als Kind gesehen haben will, obwohl seine Schwester ihre beste Freundin war. Beim Besuch ihrer Großmutter, die eine Nachbarin ist, hat sie ihn nie gesehen? Diesbezüglich ist die weitere Entwicklung ab dem ersten Zusammentreffen der beiden vorherzusehen. Nichtsdestotrotz ist das Buch, das die Autorin allen Bergleuten gewidmet hat, für alle am Bergbau interessierten Leser interessant und den „auf Kohle geborenen“ Menschen zu empfehlen, die sich wehmütig mit dem Zechentod abfinden mussten.

Zechentod von Sylvia Sabrowski

Zechentod
Gmeiner Verlag 2019
Taschenbuch
224 Seiten
ISBN 978-3-8392-2520-2

Bildquelle: Gmeiner Verlag
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