Rotkäppchen lügt von Elias Haller

Als Konrad König, Leiter der Mordkommission in Berlin, eine Leiche in einer mitten auf der Straße befindlichen Grube in Augenschein nehmen will, ist seine Kollegin Manja Steinke bereits vor Ort. Erstaunt nimmt der Kriminalhauptkommissar zur Kenntnis, dass er die Tote als Margot Schreiner, eine hartnäckige Journalistin, identifizieren kann, wobei unklar ist, ob sie stürzte oder ermordet wurde. Für Kriminalhauptkommissarin Nora Rothmann bedeutet der Tod von Schreiner, dass ihre Kronzeugin für eine Anhörung betreffend der Korruptionsvorwürfe gegen den pensionierten Polizeipräsidenten Wilhelm Tuchfeldt, auf die sie sich vorbereitet, nicht mehr zur Verfügung steht. Außerdem ist die Angelegenheit ihrem Kollegen Benjamin Jasser zu heiß, weshalb er sie zu dem Gespräch nicht begleitet.

Tuchfeldt hatte kurz vor seiner Pensionierung die elektronische Akte des Mädchenmörders Andrzej Raschun angefordert, die seitdem mit einer Sperre belegt ist, was Nora Rothmann zu klären hat. Zu ihrer Überraschung findet das Gespräch mit dem über Video zugeschalteten Rechtsanwalt Martin Bechstein statt. Tuchfeldt will von Nora wissen, wer ihr Kontaktmann im Senat ist, der sie über die Korruptionsvorwürfe in Kenntnis gesetzt hat. Als sie bereitwillig Auskunft gibt, dass es sich dabei um Philipp Sandner handelt, dem offiziellen Leiter dieser Untersuchung, rät ihr Tuchfeldt, sich von diesem gefährlichen Mann fernzuhalten. Unvermittelt sperrt er daraufhin seinen Anwalt von dem Gespräch aus und bricht kurz darauf zusammen. Da Noras Kollege Benjamin Jasser sie nicht begleitet hat, gibt es keine Zeugen und alles sieht danach aus, dass Nora für Tuchfeldts Tod verantwortlich ist, weshalb sie festgenommen wird. Doch für die junge Frau soll es noch schlimmer kommen: In der Folge wird sie für das Massaker an einer Familie verantwortlich gemacht.

Der vielschichtige Thriller „Rotkäppchen lügt“ von Elias Haller beginnt mit einem drei Monate zurückliegenden Ereignis, bei dem das Signal des aus der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt geflohenen und mit einer elektronischen Fußfessel versehenen Pädophilen Tom Tremmel verschwindet. Als die Kriminalbeamten in seine Wohnung stürmen, von wo das letzte Signal kam, finden sie lediglich das linke Bein mit der Fessel vor. Von dem Mann fehlt jede Spur.

In einem weiteren Handlungsstrang macht der Leser Bekanntschaft mit der Kommissarin und Jägerin Nora Rothmann, als diese von einem Forstamtsmitarbeiter in den Wald geführt wird, wo sie ein an einem Baum aufgehängtes und aufgeschlitztes Lamm vorfindet. Aus dem Innern holt sie eine rote Mütze sowie einen defekten Kompass, was sie zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht einordnen kann. Bevor der Handlungsverlauf mit dem Tod der Journalistin Margot Schreiner fortgeführt wird, überwältigt ein Mann die Viertklässlerin Mara, das Patenkind von Nora, vor der elterlichen Wohnungstür. Als ihre Mutter Mareike Busch heimkommt, findet sie ihren Ehemann und die Tochter gefesselt und mit Leinensäcken über dem Kopf in der Küche vor. Auch sie wird von dem Mann, der nun eine Wolfsmaske trägt, überwältigt, der vorgibt, mit ihr Rotkäppchen und der Wolf spielen zu wollen, wobei er äußerst brutal vorgeht.

Unterbrochen wird der Plot, der für jede Menge Überraschungen sorgt, von Aufzeichnungen im Darknet und Kapiteln zurückliegender Ereignisse. Die unterschiedlichen Handlungsstränge führt Elias Haller in seinem Thriller „Rotkäppchen lügt“, der Auftakt einer Grimm-Trilogie ist, auf recht verschlungenen, anspruchsvollen Wegen zusammen. Ein weiterer Aspekt ist, dass Noras Eltern sowie ihr Bruder ermordet wurden, wobei die Morde nie aufgeklärt werden konnten. Ihr dämmert, dass der Killer, der es letztlich auch auf sie abgesehen hat, eine abartige Version des bekannten Märchens spielt. Der Leser darf sich auf einen spannenden und verwobenen Thriller mit zahlreichen Morden eines Autors, der selbst Polizeibeamter ist, freuen.