Kurze Begegnungen mit Che Guevara von Ben Fountain

Kurze Begegnungen mit Che GuevaraBen Fountain lässt in einer der Erzählungen seines Buches „Kurze Begegnungen mit Che Guevara“ einen Ich-Erzähler Gespräche führen, die ihm Antworten auf Fragen zu Che Guevara geben. Am Ende resümiert er, dass sich die Hoffnungen des Revolutionärs auf eine bessere Welt nicht erfüllt haben. In einer weiteren Geschichte will der Ornithologe John Blair in den kolumbianischen Wäldern drei Wochen lang seltene Vogelarten studieren. Bei einem Streifzug wird er von Rebellen festgenommen, die den vermeintlichen Spion zu Comandante Alberto bringen. Nach über fünfzehn Monaten trifft endlich eine Delegation aus Amerika ein. Doch wendet sich das Blatt und Blair will bleiben.

In Port-au-Prince, wo Mason aus gutem Grund in einem ärmlichen Viertel als Beobachter wohnt, macht er die Bekanntschaft eines Mulatten. Der ist davon überzeugt, dass Mason Mitleid mit der Bevölkerung Haitis hat und vertraut ihm deshalb seine wertvollen, gestohlenen Gemälde an. Mason soll sie für ihn nach Miami schmuggeln und dort zu Geld machen.

Seit erst fünfzehn Monaten ist Melissa mit Dirk verheiratet. Sehnsüchtig, von sexueller Lust getrieben, erwartet sie ihren Mann von einem achtmonatigen Truppeneinsatz aus Haiti zurück. Doch von nun an muss sie ihn mit einer Voodoogöttin teilen, der er an zwei Tagen in der Woche gehört.

Sonny Grous wird mit lukrativen Versprechungen als Golfbotschafter nach Rangun in Myanmar gelockt. Das großzügige Angebot kann er nicht ausschlagen, da er seiner geschiedenen Frau noch Unterhalt für seine beiden Töchter schuldet. Bei einem Golfturnier gegen zwei Generäle muss er mit dem reichen Merrill Hayden spielen und verliert dabei eine Menge Geld. Erst langsam kommt er dahinter, dass für Hayden das Golfspiel nur ein Mittel zum Zweck für seine Milliarden Dollar schweren Geschäfte ist.

Die Fischer Syto und Lulu beobachten, wie von Rennbooten aus Kolumbien Säcke mit Kokain auf die Felsen geschleudert werden. Pflichtbewusst liefern sie drei Seesäcke beim Polizeichef ab, der sich dafür verbürgt, sie persönlich nach Port-au-Prince zu bringen. Als Syto weitere Säcke mit Drogen einsammelt, wird es für ihn gefährlich.

Jill ist die Landeschefin einer Hilfsorganisation in Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone und hat eine Näh-Koop für einarmige Näherinnen gegründet. Um den Fortbestand zu sichern, lässt sie sich auf einen Deal mit Starkey ein, der einen illegalen Diamantenhandel betreibt. Doch unterwegs stellen sich ihr Rebellen in den Weg. Um ein Massaker an Unschuldigen zu verhindern, will sie mit ihnen verhandeln.

Ben Fountain schließt seine gesammelten Erzählungen mit einer Geschichte um eine junge Jüdin. Sie wird Ende des 19. Jahrhunderts in Österreich als Pianistin gefeiert und kann „Fantaisie“ als einzige so spielen, wie es zuvor nur der Komponist konnte. Doch der Hass gegen alle Juden, der Jahrzehnte später im Holocaust gipfelt, wirft schon seine Schatten voraus. Der Autor des Buches „Kurze Begegnungen mit Che Guevara“ setzt sich nicht nur in diesem Beispiel mit politischen Themen auseinander. Er vermischt reale politische Ereignisse und Personen mit fiktiven und bedient sich dabei einem anspruchsvollen Schreibstil. In seinen spannenden Geschichten zeigt er die weniger bekannte Seite einer Medaille auf und führt den Leser an Orte, wo Hoffnungslosigkeit überwiegen; wo Kinder sterben, weil wegen eines Embargos keine Antibiotika verfügbar sind und ebenso unzählige Flüchtlinge, weil ihnen zum Spaß die Arme mit einer Machete abgehackt werden. Ben Fountain weist in seinen Erzählungen auf das hin, was viele Menschen nicht sehen wollen; auf das, was Che Guevara gerne für eine bessere Welt verändert hätte. Ein eindringliches Buch, ein anklagendes Buch, ein aufrüttelndes Buch.

Kurze Begegnungen mit Che Guevara von Ben Fountain

Kurze Begegnungen mit Che Guevara
dtv 2015
Klappenbroschur
273 Seiten
ISBN 978-3-423-26067-1

Bildquelle: dtv
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