Dschihad Calling von Christian Linker

Dschihad CallingWie leicht junge Menschen in unserer vom Christentum geprägten Kultur vom Islam beeinflusst werden können, zeigt Christian Linker in seinem Jugendroman „Dschihad Calling“ am Beispiel des achtzehnjährigen Jakob auf. Nach dem Abitur zieht dieser zu seiner Freundin Liz in eine WG nach Bonn, wo er ein Studium aufnimmt. In einer Unterführung kann er eine verschleierte, in Jeans und knallroten Docs gekleidete junge Frau vor dem Zugriff durch Hooligans retten. Ohne sich bedankt zu haben, verschwindet sie, doch geht sie Jakob nicht mehr aus dem Kopf, der von ihren Augen fasziniert ist. Durch Zufall erkennt er sie auf einem Pressefoto wieder und erfährt aus dem Begleitartikel, dass Samira Mitglied eines Vereins ist, der vom Geheimdienst überwacht wird.

Längst neugierig geworden, sieht sich Jakob Videos dieses Vereins an, in denen ihr Sprecher Abu Tarek die Fixierung unserer Gesellschaft auf Konsum, Drogen und Sex anprangert. Um Samira wiedersehen zu können, geht er zu einem Treffen der Salafisten, bei dem er ihren Bruder Adil kennenlernt. Selbst das Verbot für Männer, eine Frau auch nur anzurufen, übt einen Reiz auf Jakob aus. Als er schließlich seine Freundin Liz verlässt und dringend Hilfe benötigt, erinnert er sich an das Versprechen von Adil, der sich für die Rettung seiner Schwester zu Dank verpflichtet fühlt. Adils stichhaltige Argumente zur Unterstützung der Islamisten überzeugen Jakob schließlich und er konvertiert zum Islam. Seine Studienkollegen und alten Freunde aus Dortmund sorgen sich um Jakob, doch ist er für deren Warnungen nicht mehr empfänglich.

Der Jugendroman beginnt damit, dass Jakob nach seiner Inhaftierung in einer Zelle sitzt und einen Brief von Samira liest, aus dem bereits hervorgeht, dass Adil den Tod gefunden hat. Es folgt die Erzählung Jakobs, wie er Samira begegnet ist und selbst ein Muslim wurde. Unterbrochen werden die Kapitel durch Aufzeichnungen von Adil, die Jakob zusammen mit Samiras Brief erreicht haben. Darin berichtet Adil seinem Freund Jakob von seinem Aufbruch nach Istanbul und seiner Kampfausbildung. Er schreibt vom „geilsten Kick“ der ersten Tötungen in Syrien, wo er als Märtyrer sterben will. Doch kommen auch ihm langsam Zweifel, wenn sich Muslime gegenseitig bekämpfen.

Christian Linker ist es gelungen, gut nachvollziehbar die langsam stattfindenden Veränderungen eines jungen, leicht zu beeinflussbaren Menschen aufzuzeigen, dessen Weltbild durch geschickte Manipulation von Fanatikern ins Wanken gerät. In unserer konsumorientierten Welt fühlen sich Jugendliche nicht selten verloren und suchen nach neuen Wegen. So erfährt Jakob von Martin Golski, für den er jobbt, dass auch schon die 68er Generation gegen ihre angepassten Eltern rebellierte, was allerdings nur zu einer wieder angepassten heutigen Jugend geführt hat. Der Roman macht mit moslimischen Riten vertraut, beschreibt die Grausamkeit des Krieges in Syrien, wo schon Kinder gefoltert werden, aber auch durch Drohnen der internationalen Anti-Terror-Koalition Unschuldige den Tod finden.

Die Sprache macht es jungen Lesern leicht, sich mit den Protagonisten zu identifizieren, und die Glaubwürdigkeit der Geschichte wird durch einige arabische Wörter untermauert, für die Christian Linker alleine schon eine umfangreiche Recherche betrieben haben muss. Der schonungslos ehrliche Jugendroman „Dschihad Calling“ kann vor dem politischen Weltgeschehen nicht aktueller sein und wird viele Leser zum Nachdenken anregen. Auch wenn der Jugendroman vom Verlag für die Altersgruppe von 14 bis 16 Jahren empfohlen wird, so ist er doch eher für die über Sechzehnjährigen wirklich verständlich, und sogar Erwachsene werden ihn mit Interesse lesen.

Dschihad Calling von Christian Linker

Dschihad Calling
dtv 2015
Klappenbroschur
320 Seiten
ISBN 978-3-423-74015-9

Bildquelle: dtv
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