Hamburg im Jahr 1896: Paul Friedrich Magnussen erhofft sich vom Privatbankier Ferdinand Claasen, den ihn sein bester Freund Georg von Meyerhoff empfohlen hat, einen dringend benötigten Kredit, um seinen Kaffeehandel weiter ausbauen zu können. Als er Helene, die schöne Tochter des Bankiers sieht, verliebt er sich augenblicklich in sie. Umso größer ist seine Enttäuschung, da sie mit seinem Freund so gut wie verlobt ist. Nach einem Gespräch mit dem reichen Ferdinand Claasen stellt dieser Paul einen großzügigen Kredit in Aussicht, knüpft daran jedoch die Bedingung, dass er die ältere Schwester von Helene heiratet. Zuvor soll Paul der klugen Amalia, die bisher kein Interesse an einer Heirat bekundet hat, ordentlich „den Hof machen“, so dass sie keinen Verdacht schöpft. Schließlich willigt Paul in den „Handel“ ein. So sehr ihn auch das Interesse seiner frisch Vermählten am Kaffeeanbau fasziniert, träumt er doch nur von Helene.
Hamburg im Jahr 2018: Die Großmutter der arbeitslosen Melina Peters, mit der sie über zwei Jahre zusammengelebt hat, ist verstorben. In ihrem Nachlass entdeckt Melina Ordner mit Artikeln über das renommierte Familienunternehmen P. F. Magnussen, die sie noch nie zuvor gesehen hat. Bevor sie sich dem Inhalt widmen kann, muss sich Melina eine neue Arbeitsstelle suchen. Die studierte Frau bewirbt sich als Filialleiterin bei Magnussen, obwohl sie dafür überqualifiziert ist. Zu ihrer freudigen Überraschung wird ihr spontan die Assistentenstelle beim überaus attraktiven Juniorchefs Leonard Magnussen angeboten. Noch ahnt sie nichts von den Verknüpfungen zwischen ihrem Leben und dem der Familie ihres neuen Arbeitgebers.
Die in einem flüssigen und angenehmen Schreibstil verfasste Familiensaga Die Frau des Kaffeehändlers* wird von Susanne Rubin in zwei Handlungssträngen erzählt. Zum einen geht es um das Geschehen der Jahre 1896/97, in deren Mittelpunkt die arrangierte Ehe zwischen Paul Friedrich Magnussen mit der geschäftstüchtigen Amalia steht. Obwohl er seine Frau sehr liebevoll behandelt und sie respektiert, schlägt sein Herz für ihre jüngere Schwester. Viel zu spät erkennt Paul seinen Fehler. Der zweite Handlungsstrang gibt das aktuelle Geschehen der Jahre 2018/19 wieder. Melina kann sich selbst nicht erklären, was sie an den Berichten aus dem Nachlass ihrer Großmutter reizt und hält es für eine Fügung, dass gerade sie die neue Assistentin des Juniorchefs werden durfte. Als ihr eines Tages völlig überraschend die alten Tagebücher von Amalia übergeben werden, droht ihr Lebensglück zu zerplatzen.
Bis auf Rückblicke, die vom Elend der entbehrungsreichen Kriegsjahre 1944/45 erzählen, entführt der Roman den Leser in eine Welt der Schönen und Reichen. Was Melina anbelangt, fügt sich alles bestens und es dürfte kaum im echten Leben alles so „glatt gehen“. Realistischer ist dagegen die im Plot beschriebene Abmachung aus rein finanziell begründeten Motiven und das im fortgeschrittenen Handlungsverlauf als unmoralisch anmutende Angebot, das Die Frau des Kaffeehändlers* einem Freund unterbreitet, wenn die begrenzten Möglichkeiten der damaligen Zeit bedacht werden. Durch diese beiden Entwicklungen hebt Susanne Rubin die Dramatik des gefühlsbetonten Plots hervor, der insbesondere die Herzen einer weiblichen Leserschaft rühren kann.
Die Frau des Kaffeehändlers von Susanne Rubin
Heyne Verlag 2019
Taschenbuch
464 Seiten
ISBN 978-3-453-42313-8