Während der Versicherungsdetektiv Peter Hogart mit Inspektor Wolfgang Eichinger und dessen Kollege Rolf Garek von der Kriminalpolizei Wien auf einem Flohmarkt zusammentrifft, werden die beiden zu einem Mordfall gerufen. Wenig später erzählt ihm sein Bruder Kurt, dass er Doktor Abel Ostrovsky weder auf seinem Handy erreichen kann, noch ihn in seiner Villa antrifft. Das würde ihn deshalb beunruhigen, weil der pensionierte Arzt ihm eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hat: Er habe ein Videoband in seinem Haus versteckt und könnte niemandem mehr trauen. Als Hogart bei der Villa von Ostrovsky eintrifft, sieht er sofort den Zusammenhang zwischen dem Arzt, der sich nicht mehr meldet und dem Mordfall, zu dem Eichinger und Garek gerufen wurden. Die finden Ostrovsky an einen Stuhl gefesselt und durch Folter grausam zu Tode gekommenen vor.
Obwohl Hogart die Ursache eines im Archiv der Krankenkasse ausgebrochenen Brandes aufklären müsste, verschafft er sich illegal Zugang in die Villa und findet dort tatsächlich ein Videoband, auf dem allerdings lediglich Übungen von Linda Bohmann, einer querschnittsgelähmten Patientin, zu sehen sind. Da die Kriminalbeamten seinen Bruder Kurt des Mordes an Ostrovsky verdächtigen, weil dieser den Arzt wiederholt zu erreichen versucht hat und darüber hinaus kein Alibi vorweisen kann, bleibt Hogart weiter an der Sache dran. Er fährt zum früheren Arbeitsplatz des Ermordeten, wo ausgerechnet die Unterlagen aus dem Jahr 1988 verschwunden sind, die er einsehen wollte. Um mehr über Linda Bohmann zu erfahren, besucht er ihre Zwillingsschwester Madeleine in einer alten Mühle. Noch ahnt Hogart nicht, dass mit dem Tod von Ostrovsky auch noch zwei weitere Menschen auf ebenso bestialische Weise umgebracht wurden und dass er selbst in größter Gefahr ist.
Der Thriller „Die Engelsmühle“ von Andreas Gruber fesselt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite an den Plot. Der Privatdetektiv, der wie der Autor eine Vorliebe für alte Filme und schwarz-weiß Fotos hat, ermittelt häufig haarscharf an den polizeilichen Ermittlern vorbei, was die Spannung weiter anheizt, da der Leser mit ihm fiebert. Hogart lebt nach dem Motto: Wenn einer dringend Geld braucht, ein zweiter dringend Informationen, die der erste besitzt, dann wäscht eine Hand die andere. Durch das angespannte Verhältnis zwischen Hogart und Eichinger, die beide eine starke Persönlichkeit auszeichnet, wirkt die Geschichte unglaublich lebendig. Was die Charaktere der weiteren Handlungspersonen anbelangt, so sind auch diese von Andreas Gruber gut ausgearbeitet: Kurt schwimmt auf einer Bio-Hippie-Esoterik-Welle und Tatjana, eine ihrem Onkel Hogart nacheifernde, wortgewandte und taffe Nichte, trainiert in einer Boxhalle und spielt Bass in einer Mädchen-Punkband.
Andreas Gruber lässt in seinen Thriller „Die Engelsmühle“ eine gut dosierte Menge Lokalkolorit zur Stadt Wien sowie einen geschichtlichen Abriss einfließen, zu dem auch Seuchen wie die Pest, Cholera und die Pocken gehören. Interessant ist auch sein Hinweis auf die verschwundenen Fischerhütten an der Donau, die der Einfriedung des Flusses weichen mussten. Trotz Hintergrundinformationen überschlagen sich die Ereignisse in diesem rasanten, hoch spannenden Werk, das am Ende dem überraschten Leser einen Mörder präsentiert, der nicht auf seiner Liste stand.
Die Engelsmühle von Andreas Gruber
Goldmann Verlag 2018
Taschenbuch
384 Seiten
ISBN 978-3-442-48123-1