Das Letzte, was du siehst von Kristin Lukas

Das Letzte, was du siehstMarie Wagenfeld, die im Wirtschaftsdezernat gearbeitet hat, ist mittlerweile externe Beraterin für ein neues IT-System. Unmittelbar nach einer Sitzung im Gebäude der Immobilienbank Sega Invest in Frankfurt, an der auch ihr Kollege Mark Meier, der Abteilungsleiter vom Controlling, teilgenommen hat, entdeckt sie den ermordeten Projektleiter Arne Bruns, dem der Kopf abgetrennt wurde. Sofort alarmiert sie die Polizei und wird von Kriminalkommissar Ben Kellermann befragt. Als er später noch einmal mit Marie den Sitzungsraum aufsucht, fällt ihr das Fehlen des Beamers auf, was die Vermutung aufkommen lässt, dass der Mörder etwas vertuschen will.

Es stellt sich heraus, dass der Tote Verbindungen zur SM-Szene unterhalten hat und Kunde im Dark Magic war, dessen Besitzer Kreutzer als gewalttätig gilt. Da Erik, der Bruder von Marie, in jungen Jahren selbst in der SM-Szene verkehrte, bittet Kellermann die ehemalige Ermittlerin um Mithilfe. Marie, der bereits ein Datenchaos bei einem Projekt in Wien aufgefallen ist, setzt aber nicht nur auf die Unterstützung ihres Bruders, sondern vor allem auf ihre Freundinnen Helena und Anna sowie auf Karla, die für sie eine wertvolle Hilfe bei der Recherche ist. Mit Kellermann fährt sie nach Warschau und Paris, wo es ebenfalls Morde aufzudecken gilt, die mit dem Mord an Bruns zusammenhängen können. Marie wird das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden, und ihre immer größer werdende Angst kann sie kaum noch unter Kontrolle halten.

Nachdem Kristin Lukas bereits in dem ersten Kapitel ihres Thrillers „Das Letzte, was du siehst“ die Brutalität des Mörders erkennen lässt, geht es im weiteren Verlauf zunächst um die arbeitsintensive Beratertätigkeit der Protagonistin, die häufig zwischen Frankfurt und Berlin pendelt. Der Kommissar bittet sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit um Unterstützung und lässt ihr kaum eine freie Minute. Dass es im Text von Ausdrücken wie Ankaufsdatenbank, Folgebewertung, Wertentwicklung, Controlling-Systeme, Fondsperformance oder Loan-to-Value wimmelt, verwundert nicht, da die Autorin als Professorin für Immobilienmanagement und Projektentwicklung arbeitet. Darüber hinaus glänzt sie mit Kunstwissen der erwähnten und tatsächlich existierenden Bilder von Auguste Rodin, Giovanni Segantini sowie Francis Bacon.

Marie Wagenfeld, die in der Ich-Form erzählt, unterhält eine gleichgeschlechtliche Liebe, womit die Autorin das sonst übliche Muster einer sich entwickelnden Beziehung zwischen einer Zeugin und dem Kommissar nicht bedient. Ihre Protagonistin führt ein unruhiges Leben und benutzt ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel, was für eine Person in ihrer Position eher ungewöhnlich ist. Kellermann gegenüber ist ihr Umgangston trotzig, doch umgekehrt ist es nicht anders, obwohl jeder den anderen immer wieder auch zu einem Essen einlädt. Ihn charakterisiert Kristin Lukas als äußerst wortkarg und undurchschaubar, doch sollte er nicht unterschätzt werden. In ihrem Thriller „Das Letzte, was du siehst“ spielt die Autorin förmlich mit der Angst des Lesers, und zum Ende sind seine Nerven genau so zum Zerreißen gespannt wie die der Protagonistin. Die Ereignisse überschlagen sich und es kommt zu überraschenden Wendungen. Ein Ausnahmethriller im positiven Sinn!

Das Letzte, was du siehst von Kristin Lukas

Das Letzte, was du siehst
Grafit Verlag 2017
Taschenbuch
476 Seiten
ISBN 978-3-89425-482-7

Bildquelle: Grafit Verlag
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