Das Haifischhaus von Rüdiger Barth

Das HaifischhausTom Torge Berger, den alle nur Toto nennen, ist seit seinem sechzehnten Lebensjahr Profisportler. Zwei Jahrzehnte betrieb er Leistungssport und schaffte es als Tennisspieler bis an die Weltspitze. Doch der Preis für seine Karriere war hoch, denn er wurde von den Medikamenten abhängig, die er gegen seine Schmerzen, Angst und Depressionen nahm, was er natürlich geheim halten wollte. Er zog die Konsequenzen und tauchte vor drei Jahren nach einem Match in Wimbledon in Amerika unter.

Mittlerweile ist Toto nach Deutschland zurückgekehrt, steht vor dem finanziellen Ruin und seine Gläubiger sitzen ihm im Nacken. Zu allem Überfluss taucht auch noch völlig überraschend sein fast volljähriger Sohn Nils auf, um den er sich nie gekümmert hat. Zufällig hören die beiden ein Interview mit dem aktuellen Weltranglisten-Ersten Frédéric Lamenteau, der seit über einem Jahr ungeschlagen ist. Seine nur so zum Spaß gemachte Herausforderung kommt Toto gerade recht. Er nimmt die Gastfreundschaft seines Trainers Bernd Erdmann an, im Haifischhaus, einem abgelegenen Haus an der Ostsee, zu wohnen und sich dort in den nächsten Monaten auf ein Match vorzubereiten. Zur Unterstützung sammelt er seine ehemaligen Vertrauten, seine Sherpas, um sich: Liv, eine ehemalige US-Open-Siegerin, die er immer noch liebt und deren Mann gegen ihre monatelange Abwesenheit ist; seinen unter einem Sprachfehler leidenden Masseur Frankie; den hörgeschädigten Manager Jaroslav Nehoda; Martin Oser, der die Saiten seiner Schläger wie kein anderer bespannen kann und schließlich den Statistiker und Analyst Peter Hanebiehl. Das Match soll in der Schalke-Arena vor 30.000 Zuschauern stattfinden, und der Deal lautet zehn Millionen Dollar für den Gewinner, all or nothing.

In erster Linie geht es in dem Roman „Das Haifischhaus“ von Rüdiger Barth um die monatelangen Vorbereitungen des Protagonisten für das Match. Wie er Turniere spielt, um sich einzugewöhnen, sich massieren lässt, er immer wieder heimlich zu Tabletten greift und welche Gespräche er mit seinen Sherpas führt, die besonders die Spiele seines künftigen Gegners genau unter die Lupe nehmen und diese auswerten. In dem Zusammenhang ist wiederholt von der Verbreitung in den sozialen Netzwerken zu lesen, für die es offensichtlich nur noch ein Thema gibt.

Es fehlt dem Plot aber auch nicht an privaten Elementen: Trainer Erdmann hat seine schwerkranke Frau zu umsorgen, und Liv, die ihre Ehe gefährdet sieht, hat immer noch nicht den Unglückstod ihres Bruders verarbeitet. Ihre Beziehung zu Toto ist mal mehr, mal weniger von Gefühlen oder vom Verstand geleitet. Was das Verhältnis zwischen Toto und seinem Sohn Nils anbelangt, kann dieses nur mit gestört und für beide Seiten belastend umschrieben werden. Als Entschuldigung dafür, dass er nie für seinen Sohn da war, bringt Toto vor, immer mit sich selbst genug zu tun gehabt zu haben, worunter Nils sein Leben lang gelitten hat und weshalb er seinen Vater schlichtweg ein Arschloch nennt. Trotz allem weicht Nils nicht mehr von der Seite seines Vaters und durch ihre Gespräche setzt bei Toto eine Veränderung ein, die er wohl so nie erwartet hätte.

Leser, die sich in der Welt des Tennis zu Hause fühlen und die Begriffe wie Vor- und Rückhand oder auch Longline-Schuss, Break und Slice Cross, um nur einige zu nennen, einordnen können, sind bei der Lektüre des Romans „Das Haifischhaus“ ganz klar im Vorteil. Das muss aber nicht bedeuten, dass sich Unkundige des Tennissports langweilen. Zum einen sticht die bildhafte Sprache des Autors hervor, wobei er gleich zu Beginn vom Bass des Pulses oder dem Flüstern der Ostsee schreibt. Zum anderen ist der Leser natürlich auch neugierig darauf, wer das Match gewinnt, wobei sich Rüdiger Barth für die Auflösung etwas ganz Besonderes einfallen ließ.

Das Haifischhaus von Rüdiger Barth

Das Haifischhaus
Heyne Verlag 2019
Hardcover mit Schutzumschlag
512 Seiten
ISBN 978-3-453-27239-2

Bildquelle: Heyne Verlag
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