Boxenstopp von Christiane Neudecker

BoxenstoppEine Fernsehmoderatorin wird in dem Roman „Boxenstopp“ von Christiane Neudecker für ein Event in Portugal gebucht, wo kaufwilligen Händlern der P7, das neueste Modell von Schneyder Motors, auf der Rennstrecke in Estoril vorgestellt wird. Obwohl die Moderatorin auf die Annäherungsversuche von Dr. Kilian Kaysert, dem Vorsitzenden von Schneyder Motors, nicht eingeht, lässt er nicht locker. Denn er ist gewohnt, immer alles zu bekommen, was er will und ist davon überzeugt, dass alles einen Preis hat. Auch Frauen! Als die Moderatorin vom Leiter des Produktmarketings hört, dass sie nun dem Boss gehören soll und dieser gewohnheitsmäßig nie für etwas eine Begründung abgibt, nimmt sie das nur ungläubig zur Kenntnis. Allerdings hat sie die Macht von Kaysert und die Drohung, dass ihre Schonzeit vorbei ist, gehörig unterschätzt!

Im darauf folgenden Jahr fliegt die Moderatorin noch einmal privat nach Portugal und quartiert sich in Estoril wieder ins Hotel Atlântida ein. Um rückblickend zu verstehen, was im letzten Jahr mit ihr geschah, bezieht die stark Abgemagerte sogar dasselbe Zimmer. Sie trifft sich mit dem Rennfahrer Ben, der von Schneyder Motors gefeuert wurde und sitzt als Zuschauerin bei einem Rennen. Während ihres Aufenthaltes schweifen ihre Gedanken zu den Ereignissen im vergangenen Jahr und auch zu ihrem Freund P., der falsch verstanden hat, was sie ihm nicht verschweigen wollte und der sie deshalb verlassen hat. Der Moderatorin verbleibt nicht mehr viel Zeit für ihre Selbstfindung, denn es bleiben nur noch wenige Tage bis zu einem Prozess vor dem Landgericht in München. Sie muss eine Entscheidung treffen, ob sie gegen Kaysert wegen Untreue, Betrug und Korruption aussagen will. Denn in der Schneyder-Motors-Affäre geht es um Sexorgien und Lustreisen zu Bordellen ans Kaspische Meer oder der Grotte von Amalfi und auch im Club7 in Estoril wurden Prostituierte beschäftigt.

Wer einen „einfach gestrickten“ Roman erwartet, nimmt „Boxenstopp“ von Christiane Neudecker besser nicht zur Hand. Denn der Leser muss hier eins und eins zusammenzählen und sich auf Zeitsprünge einstellen. Die Autorin lässt häufig bruchstückhafte Passagen einfließen, die der Leser zunächst noch gar nicht einzuordnen weiß: Das können Auszüge aus real existierenden Paragraphen sein, Werbeaussagen der Protagonistin, eine Wiedergabe eines Telefonats oder Gedanken an einen fiktiven Brief an ihren Freund P. Gerade, weil der Leser nicht versteht, was die Einschübe zu bedeuten haben, ist er neugierig und liest gebannt weiter, um endlich zu verstehen. Doch seine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt!

Christiane Neudecker lässt die namenlose Fernsehmoderatorin, über die sich der Leser kein Bild machen kann, in der Ich-Form erzählen. Nur ganz selten verwendet sie eine wörtliche Rede, denn der Roman lebt von der erzählten Erinnerung der Protagonistin. Bis zum Schluss versteht es die Autorin, die Neugierde des Lesers aufrecht zu erhalten, um dadurch die Spannung zu steigern. Der Roman „Boxenstopp“ ist nicht nur für Fans von Autorennen gedacht, obwohl die zumindest keine Schwierigkeiten mit den verwendeten Ausdrücken haben. Denn nicht jeder weiß, dass ein Autódromo eine Rennstrecke, oder dass mit Boliden leistungsstarke Sportwagen gemeint sind.

Boxenstopp von Christiane Neudecker

Boxenstopp
Luchterhand Verlag 2013
Hardcover mit Schutzumschlag
256 Seiten
ISBN 978-3-630-87317-6

Bildquelle: Luchterhand Verlag
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