Blutsschwestern von Ana Wetherall-Grujić

BlutsschwesternDie Serbin Milena richtet im Jahr 1989 an Nikolina Javanovic die verzweifelte Bitte, ihr wegen einer Schwangerschaft zur Flucht nach Österreich oder Deutschland zu verhelfen. Erst, als Nikolina von ihr erfährt, dass der muslimische Türke und Sohn des Imam Salih der Vater des noch ungeborenen Kindes ist, gewährt die von der Mafia als Hexe bezichtigte Frau Unterstützung, um vorprogrammierten Streitigkeiten in ihrem Dorf aus dem Wege zu gehen.

Dreißig Jahre später freut sich Sanja, nach über zehn Jahren in Wien endlich etwas von ihrer Schwester Ljiljana zu hören. Doch dass diese im Krankenhaus liegt und ihre linke Gesichtshälfte nur „offenes, pulsierendes Fleisch“ ist, lässt Sanja aufhorchen. Mit der Anwesenheit der gemeinsamen Mutter im Krankenzimmer befürchtet Sanja das Schlimmste. Tatsächlich berichtet die Mutter, dass Ljiljana trotz ihrer schweren Verletzungen auf der Stelle die Flucht ergreifen muss, und von ihrer Schwester erfährt Sanja, dass diese einen Mord begangen hat, nachdem sie von ihrem Freund wiederholt geschlagen und misshandelt wurde. Da Ljiljana von der Polizei gesucht wird, so rät ihnen die Mutter zur Abhebung allen Geldes von der Bank und sich sodann nach Serbien in jenes Dorf durchzuschlagen, in dem sie selbst aufgewachsen ist. Dort sollen sich die Töchter an die Hexe Nikolina Javanovic wenden, die ihren Eltern einst zur Flucht nach Österreich verhalf.

Den Ernst der Lage erkennend flüchten die Schwestern aus dem Krankenhaus und machen sich mit einem alten Auto ihrer Mutter auf den Weg. Sie heben Geld ab, verstauen es unter den Autositzen und werfen ihre Handys, wie es die Mutter empfohlen hat, hinter der Grenze weg. Bei Nikolina angekommen, fällt es ihnen schwer, der Hexe und ihrer Schwester Dragica Peri zu vertrauen. Während sich die kranke Ljiljana im Bett erholen soll, fährt Sanja mit Dragica in die Apotheke, um Medikamente für die kranke Schwester zu besorgen. Doch als eine Frau den Laden betritt, rastet Dragica aus und verletzt diese schwer. Nach der Rückkehr von Sanja und Dragica wird Ljiljana misstrauisch, als ein Auto vorfährt. Wurden sie verraten und werden abgeholt? Aus dem Auto steigen drei, Gorilla ähnlich aussehende Männer aus, die vorgeben, Dragica zu suchen, da diese ihre Tante Zdravka Tomic in der Apotheke zusammengeschlagen hätte. Die übertrieben höflich wirkenden Männer verheißen nichts Gutes und jagen Sanja Angst ein, die ohne zu zögern einen Plan zu ihrer Rettung verfolgt.

Da der Roman Blutsschwestern* von Ana Wetherall-Grujić nicht chronologisch aufgebaut ist, folgen auch die Handlungsorte keinem Muster. Unterbrochen wird das jeweilige Geschehen durch kursiv dargestellte Schilderungen von Ljiljana in der Ich-Form, in denen der Leser von ihren Misshandlungen erfährt, worauf sie ihren Peiniger mit einem Messer erstochen hat. Im weiteren Handlungsverlauf wird auch deutlich, wieso Dragica Perić in der Apotheke beim Auftauchen von Zdravka Tomic schockiert war und auf diese eingeschlagen hat.

Ana Wetherall-Grujić, selbst vor Kriegsbeginn in Jugoslawien geboren und, um dem Krieg zu entgehen, Stationen in Graz und Wien einlegte, hat dieses Thema, das so viel Leid über die Zivilbevölkerung brachte, in ihrem Roman verarbeitet. Der Plot setzt unvermittelt mit der Flucht der „Blutsschwestern“ an, indem Sanja ihre Schwester auffordert, das Blut abzuwaschen. Der Leser kennt noch nicht die Umstände, die dazu geführt haben und weiß lediglich von einem verletzten Arm und dass sich Ljiljana offenbar in Ungarn nur notdürftig waschen konnte. Im weiteren Handlungsverlauf geht es um einen Rückblick zu der in Not geratenen Milena, die verzweifelt das Land verlassen muss, bevor ihre Schwangerschaft bekannt wird. Die Autorin macht so ihre Leser von Anfang an auf das weitere Geschehen neugierig, da diese natürlich zum einen nach einer Erklärung für die Verletzungen von Ljiljana suchen, zum anderen wissen wollen, ob Milena die Flucht glückt.

Blutsschwestern von Ana Wetherall-Grujić

Blutsschwestern
Verlag Kremayr & Scheriau 2024
Hardcover mit Schutzumschlag
192 Seiten
ISBN 978-3-218-01430-4

Bildquelle: Verlag Kremayr & Scheriau
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