Alle für einen von Jutta Profijt

Alle für einenSeit vier Monaten leben die einundsiebzigjährige Rosa, ihre Tochter Ellen sowie Enkelin Kim, der straffällig gewordene Konrad Schmitt und der ehemalige Major Hans Seefeld in der von ihnen besetzten Villa Zucker zusammen, die direkt hinter dem Rheindeich in Kaiserswerth liegt. Sie konnten nur knapp einer Zwangsräumung entgehen. Ihr Ziel ist, die Villa zu kaufen, weshalb sie sich mit dem Insolvenzverwalter Doppersen von der MultiLiving GmbH, die sie seinerzeit um ihr Geld betrogen hat, in Verbindung setzen. Doch das sind nicht ihre einzigen Sorgen, denn jeder einzelne hat mit eigenen Problemen zu kämpfen:

Rosa trifft der Schlag, als sie mit dem Zug nach München reist, um dort ihren Geliebten Roland Stettin zu treffen, weil der offensichtlich schon eine Frau hat. Als er ihr von einem Projekt zugunsten der Flüchtlingshilfe erzählt, reift in Rosa der Plan, eine Benefizauktion zu veranstalten. Ellen ist sich unschlüssig, ob sie mit dem jüngeren Patrick Mittmann zusammenziehen soll, zumal sie eine gescheiterte Ehe hinter sich hat. Ihre Tochter Kim muss verschmerzen, dass Hans Seefeld nicht mehr ihr Physiklehrer sein kann, weil er sich im Landeskommando NRW melden muss. Das beschwört den Unmut aller Bewohner herauf, denn er wohnt damit für unbestimmte Zeit nicht mehr in der Villa und kann sich nicht mehr um den Kauf kümmern. Kim macht sich außerdem noch Sorgen um ihren Klassenkamerad Tarik, der unter der plötzlichen Arbeitslosigkeit seines Vaters leidet. Eines Tages holt sie die Polizei aus dem Unterricht. Es heißt, Tarik habe jemanden niedergestochen. Mit dem gemeinsamen Freund Samu will sie Tarik unbedingt finden, da sie von seiner Unschuld überzeugt sind. Deshalb suchen sie Seefeld in der Kaserne auf, den Betreuer von Tarik. Schließlich leidet Konrad Schmitt, der Jahre im Gefängnis verbrachte, darunter, dass seine Tochter nichts mehr mit ihm zu tun haben möchte.

Schon beim Lesen der Inhaltsangabe wird deutlich, wie die Sorgen der Mitglieder in der Wohngemeinschaft miteinander verwoben sind. Die Geschichte in dem Roman „Alle für einen“ von Jutta Profijt lebt von den Turbulenzen innerhalb der Hausgemeinschaft, deren Bewohner unterschiedlicher nicht sein könnten, was sich sowohl auf das Alter, als auch auf die Persönlichkeiten bezieht. Rosa ist das personifizierte Selbstbewusstsein und lässt sich von niemandem etwas sagen. Ganz im Gegenteil zu ihrer Tochter Ellen, die selber nicht weiß, was sie will. Nachdem Ellen bisher nur Heftromane geschrieben hat, widmet sie sich nunmehr einem ersten Roman. Sie will über die Wohngemeinschaft der Villa Zucker schreiben und das Buch soll den Titel „Allein kann ja jeder“ tragen. In ihrem ersten Band, der diesen Titel trägt, hat Jutta Profijt zu Papier gebracht, wie es zu der Hausbesetzung kam.

In dem Roman „Alle für einen“, dem dritten Band dieser Reihe, geht es unter anderem um die Situation traumatisierter Flüchtlinge. Interessant ist im Zusammenhang mit der Suche nach Tarik, dass ein Fingerabdruck gar nicht so eindeutig ist, wie häufig angenommen wird. Denn den im Roman geschilderten Fall des Amerikaners Brandon Mayfield, der 2004 festgenommen wurde, weil man ihn wegen der völligen Übereinstimmung seiner Fingerabdrücke für schuldig befand, am Bombenattentat in Madrid beteiligt gewesen zu sein, gab es tatsächlich. Doch auch, wenn der Plot mit Wendungen und flüssigem Schreibstil punktet, so fehlen die gewohnt witzigen Passagen aus den beiden Vorgängern. Die Handlungspersonen backen, kochen, frühstücken oder sitzen zu anderen Mahlzeiten zu häufig zusammen, was auf die Dauer uninteressant wird. Das sicherlich lesenswerte Buch ist allerdings mit den beiden ersten Romanen nicht vergleichbar.

Alle für einen von Jutta Profijt

Alle für einen
dtv 2018
Broschur
304 Seiten
ISBN 978-3-423-26200-2

Bildquelle: dtv
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