Allein kann ja jeder von Jutta Profijt

Allein kann ja jeder von Jutta ProfijtDie ausgeflippte und immer noch der Hippiekultur nachhängende Rosa hat wie ihr Nachbar Robert ihr Haus verkauft, um mit ihm gemeinsam in eine neue Eigentumswohnung auf den Kaiserstern zu ziehen, was sie ihrer geschiedenen Tochter Ellen allerdings verschwiegen hat. Die wird von ihrem Exmann mehr oder weniger vor die Tür gesetzt und fährt zu Rosa, weil sie zusammen mit Tochter Kim bei ihr unterkommen will. Doch Rosa findet gerade Robert tot in seiner Wohnung auf, was für sie aber nicht der einzige Schock bleibt: Auf dem Kaiserstern erkundigt sie sich über die Baufortschritte und stellt fest, dass noch gar nicht mit dem Bau begonnen wurde, obwohl sie bereits neunzig Prozent der Kaufsumme bezahlt hat. Wie es aussieht, hat sich der Geschäftsführer der Baufirma, Achim Weiterscheid, mit dem Geld abgesetzt. Rosa sieht ein, dass sie nicht zu ihrer Tochter Ellen kann, die selbst bald obdachlos ist. Die wiederum fällt aus allen Wolken, als sie von der Tochter des toten Nachbarn vom Verkauf des Hauses ihrer Mutter erfährt.

Der Kriminalbeamte Mittmann untersucht den offensichtlich gewaltsamen Tod von Robert, einem pensionierten Polizeibeamten. Rosa bittet ihren Bekannten Leo, einen ehemaligen Kriminalkommissar, mit ihr in die versiegelte Wohnung zu gehen, weil sie dort für sie wichtige Papiere vermutet. Da sie im Besitz eines rechtmäßigen Notarvertrags ist, gehört ihr nach ihrem Verständnis ein Anteil an der Immobilie, die auf dem Kaiserstern steht, und das ist die alte Villa Zucker. Nach ihrem Einzug in die Villa, die weder über Strom, noch fließend Wasser verfügt und die sie wie in früheren Zeiten einfach besetzt, steht plötzlich Konrad Schmitt, ein weiterer Geschädigter und nunmehr Obdachloser, in der Villa. Ellen, die keine Wohnung findet, zieht notgedrungen auch mit Kim in die Villa ein. Für das Mädchen ist das schon schlimm genug, doch zu allem Überfluss stößt auch noch der ihr verhasste Physiklehrer Seefeld zu ihnen, der ebenfalls betrogen wurde. So liegen bei allen die Nerven blank, denn hinter Kim ist auch noch ein Stalker her, Ellen wird von ihrem Verlag mit der nächsten Buchabgabe unter Druck gesetzt, Kim stößt im Keller auf einen Heranwachsenden, der sich dort versteckt und der Beamte Mittmann muss einen weiteren Mord klären.

Nach den ersten Seiten des Romans „Allein kann ja jeder“ von Jutta Profijt erwartet der Leser zunächst eine Geschichte ohne Tiefgang, bei der es einfach nur drunter und drüber geht. Denn eine Einundsiebzigjährige, die täglich einen Joint raucht und dazu ein Haus besetzt, verheißt eine humorvolle Erzählung. Doch bei der weiteren Lektüre wird es zunehmend verzwickter, die Autorin spinnt immer mehr Fäden, die glücklicherweise aber auch immer weitere Querverbindungen ergeben. Der Roman hätte ebenso gut den Titel „Täuschung“ haben können, denn letztlich haben sich alle in einer anderen Person getäuscht. Erst der Tod von Robert lässt Ellen ihre Mutter mit anderen Augen sehen, seine Tochter Andrea zeigt ihr wahres Gesicht, der Lehrer Seefeld überrascht Kim, Rosa ist von Leo enttäuscht und ein ehemals Inhaftierter gibt eine erstaunliche Erklärung ab.

Jutta Profijt veranschaulicht in dem Roman „Allein kann ja jeder“ die Gefahren, die von einem unbekümmerten Umgang mit dem Internet ausgehen und reißt auch kurz die katastrophalen hygienischen Verhältnisse auf den Schultoiletten sowie die Abschiebung von Menschen in Krisengebiete an. Mit einem ausgefeilten Plot steigert sie die Spannungskurve, sorgt beim Leser immer wieder für eine Überraschung und unvorhergesehene Wendungen. Ein origineller Roman mit einzigartigen Charakteren!

Allein kann ja jeder von Jutta Profijt

Allein kann ja jeder von Jutta Profijt
dtv 2015
Klappenbroschur
336 Seiten
ISBN 978-3-423-26060-2

Bildquelle: dtv
PGltZyBsb2FkaW5nPSJlYWdlciIgc3JjPSJodHRwczovL3NzbC12ZzAzLm1ldC52Z3dvcnQuZGUvbmEvNWZmM2E3NGM5ZWE3NGU5MThhNDQyNTZjYjI3Nzg1ZGEiIHdpZHRoPSIxIiBoZWlnaHQ9IjEiIGFsdD0iIj4=

Teile diesen Beitrag