1965 – Der erste Fall für Thomas Engel von Thomas Christos

1965 - Der erste Fall für Thomas EngelFür den einundzwanzigjährigen Thomas Engel geht im Jahr 1965 ein Traum in Erfüllung, als sich sein Onkel Kurt Strobel, der zukünftige Direktor des LKA, für ihn stark macht. Nach einem Lehrgang hält er stolz seine Dienstmarke in Händen. Schon nach zwei Tagen wird Engel mit einem Toten auf einer Müllhalde konfrontiert. Obwohl alles für einen Suizid von Willy Frenzel spricht, ist Kollege Drezko anderer Ansicht, denn der Tote sollte von ihm als Zeuge vernommen werden, wozu Drezko allerdings keine näheren Angaben machen will. Engel lernt unterdessen auf einem Konzert der Rolling Stones die neunzehnjährige Peggy kennen, die in einem Fürsorgeheim der Ursulinen lebt.

Durch Zufall erfährt Engel, dass ein Mädchen vermisst wird, und wiederum rein zufällig entdeckt er die Leiche der kleinen Esperanza in Kaiserswerth bei den Ruinen in der Kaiserpfalz. Er ist davon überzeugt, dass es sich um einen Sexualmord handelt und informiert lediglich seinen Onkel, der alles weitere in die Wege leitet, weil Engel nicht zusammen mit der noch minderjährigen Peggy gesehen werden darf. Doch die Tatortfotos, die er später sieht, stimmen absolut nicht mit dem Anblick überein, den das tote Mädchen bot. Alle Beteiligten schärfen Engel ein, dass es sich lediglich um einen Unfall handelt, was eine Obduktion überflüssig macht. Der junge Kommissar, der nicht klein beigeben will, handelt sich mit Strobel und Schäfer, der sich nichts von einem „Grünschnabel“ sagen lassen will, jede Menge Ärger ein. Zur Strafe wird er zum Aufräumen der Asservatenkammer verdonnert und stößt dort auf Parallelen zu einem sechsundzwanzig Jahre zurückliegenden Mord an der kleinen Lotte, deren Mörder im selben Fürsorgeheim wie Peggy gewohnt hat. Mit der Zeit reift ein fürchterlicher Verdacht in Engel und er selbst gerät in Lebensgefahr.

Der Kriminalroman „1965“ von Thomas Christos beginnt im Jahr 1939, als allein schon der Anblick einer Radschlägerin den Mörder der kleinen Lotte in sexuelle Erregung versetzt. Im weiteren Handlungsverlauf wechseln sich die aktuellen Geschehnisse im Jahr 1965 mit den in der Vergangenheit liegenden ab, wobei der Autor das brutale Vorgehen in von Priestern und Nonnen geleiteten Heimen thematisiert. Weiterhin erinnert er an die schrecklichen Euthanasieprogramme während der Naziherrschaft, ihre menschenunwürdigen und willkürlichen Methoden sowie an die unglaubliche Tatsache, dass ehemalige Nazis nach dem Krieg hohe Posten in Ämtern bekleiden konnten, und wie über vieles der Deckmantel des Schweigens gelegt wurde.

In dem Roman macht der Protagonist eine Wandlung von einem eher ängstlichen Jungkriminalisten zu einem selbstbewussten, unbestechlichen und hartnäckigen Kommissar durch. Ihm wird anfangs übel beim Anblick eines Toten und ein offener Brustkorb löst bei ihm Brechreiz aus. Seine naiven Vorstellungen von Recht und Ordnung werden jäh zerstört, als er das brutale Vorgehen seiner Kollegen mitansehen muss, und das gute Bild, das er von seinem Onkel hatte, zerbröckelt zunehmend. Thomas Christos macht in seinem ersten Kriminalroman „1965“ deutlich, dass in dieser Zeit für angehende Polizisten ein Abitur noch nicht wie heute Pflicht war, dass es ein Kuppeleigesetz gab und Homosexualität unter Strafe gestellt wurde. Die Verknüpfung der Jahre während der Naziherrschaft und die der 60er Jahre, wobei der Autor die damalige Musikszene um die Rolling Stones, Beatles und The Who auf interessante Weise mit passenden Textstellen aus den Songs eingefangen hat, machen den Reiz des durchweg spannenden und mit jeder Menge Wendungen versehenen Romans aus. Leser dürfen auf eine Fortsetzung der Reihe um Thomas Engel von Thomas Christos hoffen, der sich bereits als Drehbuchautor einen Namen gemacht hat.

1965 – Der erste Fall für Thomas Engel von Thomas Christos

1965 - Der erste Fall für Thomas Engel
Blanvalet Verlag 2020
Hardcover mit Schutzumschlag
400 Seiten
ISBN 978-3-7645-0719-0

Bildquelle: Blanvalet Verlag
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