Irina ist mit ihrer Mutter Larissa wegen des Krieges aus Russland nach Deutschland gekommen. Während das Mädchen, das die dritte Klasse einer Grundschule besucht, inzwischen Deutsch gelernt hat, spricht die Mutter nur Russisch. Nach den Sommerferien empfängt die Schuldirektorin Frau Grützkow die Kinder anstelle der Klassenlehrerin Frau Meister. Sie erklärt den erstaunten Schülern, dass Matilda, ein im letzten Schuljahr gebauter Stegosaurus über die Ferien verschwunden ist und Frau Meister deshalb zur Polizei ging. Es dauert nicht lange, da kommt sie mit zwei Polizisten zwecks Spurensicherung zurück. Sie entdecken: ein graues Stummelhaar, die Tüte von einem „Twickers“, einen halben „Radierflums“ und einen blauen Wollfussel.
Als Irina von der Schule kommt, ist Mutters Freund Boris wieder zu Besuch, mit dem diese gerne nach Berlin ziehen möchte, was ihrer Tochter natürlich gar nicht gefällt, weil die viel lieber in ihrer Igelklasse bleiben möchte. Mit ihren Mitschülern beschließt Irina, den Dieb selbst zu suchen. Kübra ernennt sich zur Anführerin der Igeldetektive, zu denen neben Irina auch Ayse, Adamma, Zaharia, Artem, Yussuf, Mariam, Dilan, Rafi und Adam zählen.
Verdächtig hat sich der neue Lehrer Niks Ozols gemacht, der selbst angibt, früher Einbrecher gewesen zu sein und der zudem einen blauen Wollpulli trägt. Die grauen Haare könnten aber auch vom Hausmeister Herr Schrecklich sein, der allerdings immer nett zu ihnen ist. Und als ein Schild mit der Aufschrift „icH HABE MATiLDA GEHAULT. LÖSEGELT TAUSENT EURO.“ am Schultor aufgefunden wird, ist Irina überzeugt, dass das wegen der Fehler nur vom Freund ihrer Mutter stammen kann. Die bewirbt sich zwischenzeitlich auf eine Stelle als Krankenpflegerin, wofür allerdings zur Voraussetzung gemacht wird, dass sie die deutsche Sprache lernt. Bis die fleißigen Detektive nicht nur einen verschwundenen Freund, sondern auch noch einen Schmuggler ausfindig machen und für ihre besondere Detektivarbeit mit einer Urkunde von der Polizeipräsidentin ausgezeichnet werden, ist es aber noch ein weiter Weg.
Irina berichtet von den Erlebnissen in dem Buch Wir sind (die) Weltklasse! – Die verschwundene Matilda* in der Ich-Form. Obwohl sie selbst, gerade erst in die dritte Klasse gekommen, höchstens neun Jahre alt sein kann, besitzt sie schon ein eigenes Handy, was den einen oder anderen jungen Leser nach der Lektüre dazu bewegen könnte, ebenfalls ein solches Handy von seinen Eltern zu fordern. Denn empfohlen wird das Kinderbuch ab einem Alter von acht Jahren, das Alter der Protagonisten.
Warum für ihre Mitschüler ein Radiergummi ein „Radierflums“ ist, wissen sie selbst nicht so genau. Es fliegen in ihrer Klasse jede Menge X-Wörter zu Sachen umher, die sie eigentlich gar nicht sagen wollen, doch sind X-Wörter „eben schnell mal raus aus dem Mund“. Tanya Lieske hat für die Schüler der Igelklasse typische Namen gewählt, wie sie heute in den Schulen anzutreffen sind. Schon die Bezeichnung Igelklasse dürfte den jungen Lesern bekannt sein, da Schulklassen häufig Tiernamen erhalten. Auch dass Schüler mit Migrationshintergrund Förderunterricht erhalten, ist geläufig und keine Ausnahme. Das Thema Integration hat die Autorin insofern mit einfließen lassen, als dass der neue Schüler Ibrahim im Rollstuhl sitzt und sich nur unzureichend artikulieren kann, weshalb er ein Tablet benutzt, mit dem er komunizieren kann.
Tanya Lieske hat im Plot den Krieg zwischen Russland und der Ukraine kurz angesprochen und lässt dabei auch nicht unerwähnt, dass der russische Präsident den Krieg angefangen hat. Die jungen Leser erfahren, dass Sauerstoffmangel unter einer Geburt schwerwiegende Folgen für den neuen Erdenbürger haben kann und ihn unter Umständen an einen Rollstuhl fesselt. Ihnen wird erklärt, was unter einem Interview zu verstehen ist, was genau ein Detail ist und was Lösegeld bedeutet. Amüsant ist das Verständnis von Kübra, die zu ihrer Lehrerin Frau Meister sagt, dass sie zwar immer die Wahrheit, aber manchmal „den ganzen Rest der Wahrheit erst hinterher“ sagen.
Für die unter anderem Grimassen schneidenden Kinder der Igelklasse sind die lustig anzuschauenden Illustrationen von Sybille Hein verantwortlich. Im Anhang des lehrreichen Buches sind sämtliche russischen Sätze inklusive der Übersetzungen mit Angabe der Seitenzahlen gelistet, die Irina mit ihrer Mutter Larissa gewechselt hat. Es folgt noch ein Rezept über einen Pfannkuchen, der in Russland Blin genannten wird und zu guter Letzt macht die Autorin in ihrem spannenden, mitunter lustigen und empfehlenswerten Kinderbuch Wir sind (die) Weltklasse! – Die verschwundene Matilda* noch Angaben zu den in Deutschland lebenden Menschen aus Russland.
Wir sind (die) Weltklasse – Die verschwundene Matilda von Tanya Lieske
Carl Hanser Verlag 2024
Hardcover
192 Seiten
ISBN 978-3-446-28075-5