So viele Jahre von Carla Freieck

So viele JahreThea Brandner ist seit dreißig Jahren mit Andreas verheiratet. Sohn Ben studiert auswärts, Tochter Nora ist selbst schon Mutter eines kleinen Kindes. Finanziell geht es dem Ehepaar gut: Sie besitzen ein Haus in Idstein, zwei Autos und können sich mindestens zwei Urlaube im Jahr leisten. Dennoch ist Thea mit ihrem Leben unzufrieden. Als sie über das Büro, in dem sie halbtags arbeitet, den attraktiven Geschäftspartner Johann Seitz kennenlernt und er sie auf eine Tasse Kaffee einlädt, sind da plötzlich Gefühle, die sie bei ihrem Mann schon lange nicht mehr hat. Thea gerät in einen Gewissenskonflikt, denn sie möchte einerseits ihren Mann nicht betrügen oder ihre schon „So viele Jahre“ währende Ehe aufs Spiel setzen, andererseits kann sie gegen ihre Gefühle nicht ankämpfen und gibt schließlich den Avancen von Johann nach.

Thea vertraut sich ihrer Freundin Katrin an und stellt sich nach dem Gespräch die Frage, ob sie in ihrer Ehe überhaupt noch glücklich ist. Wenig später heiratet Katrin und wird auf ihrer Hochzeit in eine alte Villa „entführt“, bei deren Anblick Thea eine Panikattacke erleidet. Als Johann beruflich in Nürnberg zu tun hat, beschließt Thea, ihre Schwester Inge zu besuchen, die in Nürnberg wohnt. Bei einem Treffen will sie endlich klären, wie es mit ihrer Beziehung weitergehen soll, da Johann ebenfalls verheiratet ist. Doch die Zusammenkunft verläuft anders als erwartet: Zutiefst verstört und unter Schock stehend, wird sie bei Minustemperaturen mit nassem Rock und ohne Jacke von der Polizei aufgegriffen. Nach diesem Erlebnis leidet Thea noch häufiger an Migräne und ist dauernd müde, weil sie nicht schlafen kann. Den Annäherungsversuchen ihres Mannes entzieht sie sich, was er mit zunehmender Abweisung quittiert. Schließlich sucht sie auch wegen eines immer wiederkehrenden und quälenden Albtraumes eine Psychotherapeutin auf, da sie die Ursache in einem Treppensturz mit Schädelbasisbruch vermutet, den sie im Alter von neun Jahren erlitten hat.

Carla Freieck lässt ihre Protagonistin Thea in der Ich-Form erzählen. Der Prolog nimmt bereits die Szene vorweg, in der Thea völlig verstört von der Polizei aufgegriffen wird und sich an nichts mehr erinnern kann. Zunächst scheint es sich bei „So viele Jahre“ um einen Beziehungsroman zu handeln, bei der sich eine Frau lediglich zwischen ihrem Ehemann und dem Liebhaber entscheiden muss. Doch spätestens, als Thea bei der Brautentführung ein Déjà-vu Erlebnis hat, wird deutlich, dass der weitere Handlungsverlauf noch etwas enthüllen wird, was in ihrem Unterbewusstsein schlummert.

Der Plot erzählt von der Beziehung und angespannten Stimmung der Eheleute, die je nachdem, ob Thea mit ihrem Mann Sex hatte oder nicht, besser oder schlechter ist. Ein Urlaub in der Toskana bringt keine Verbesserung, und weder die Gespräche mit ihrer Freundin Katrin, noch die mit Schwester Inge sind für Thea in ihrer Verzweiflung eine Hilfe. Erst ein Besuch bei ihrer Mutter, bei dem sie auf dem Dachboden stöbert, ruft bei ihr vergessen geglaubte Erinnerungen wach, die mittels einer Psychotherapie aus dem Unterbewusstsein geholt werden. Kritisch anzumerken ist, dass sich weder Thea, noch Johann Gedanken um einen Schutz vor Aids gemacht haben, zumal sie sich praktisch nicht kannten und fremd waren. Schwer vorstellbar ist, dass bei einer völlig unter Schock aufgegriffenen Frau die Polizei zwar mit ihrem Handy den Ehemann verständigt, nicht aber anhand von sich möglicherweise darauf befindlichen Nachrichten herauszufinden versucht, was dem Geschehen vorausging. Denn in der Konsequenz hätte der Ehemann so schon frühzeitig von dem Seitensprung Kenntnis erlangt. Nichtsdestotrotz macht Carla Freieck insbesondere eine weibliche Leserschaft auf den Fortgang der Handlung neugierig.

So viele Jahre von Carla Freieck

So viele Jahre
Diana Verlag 2018
Klappenbroschur
366 Seiten
ISBN 978-3-453-35941-3

Bildquelle: Diana Verlag
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