Oskar an Bord von Ulrike Herwig

Oskar an BordTina geht in ihrer Pause in die Bistro-Ecke einer Tankstelle, um sich etwas zum Essen zu holen. Plötzlich hört sie, wie ein Mann von der Kassiererin die Herausgabe des Geldes fordert. Als Tina einen Blick auf den Mann wirft, glaubt sie ihren Augen nicht zu trauen, denn es handelt sich bei dem Räuber um ihren Mann Markus. Noch bevor sie ihn zur Rede stellen kann, zerrt er sie in das nächstbeste Auto, wo er Tina ihre katastrophale finanzielle Lage gesteht. Erschrocken drehen sich beide um, als sie hinter sich eine Stimme hören und erst jetzt merken sie, dass sie einen Krankenwagen als Fluchtfahrzeug benutzen. Zu allem Überfluss haben sie ab jetzt „Oskar an Bord“, einen siebenundachtzigjährigen Mann im Rollstuhl, der in ein Pflegeheim gebracht werden sollte. Noch ahnen sie nichts von der kriminellen Vergangenheit des alten Mannes.

Ganz anders, als von den beiden erwartet, ist Oskar von der Idee, entführt zu werden, begeistert. Er kann sie überreden, mit ihm an die Nordsee zu fahren, da er vorgibt, dort ein Haus zu besitzen, das sein Schwiegersohn verkaufen will. Bevor es losgeht, will Oskar unbedingt noch bei ihm vorbei, um ein Auto zu holen, wobei sie allerdings für reichlich Unruhe sorgen. Auf dem Weg von Ingolstadt in den Norden werden bei Tina und Markus Erinnerungen wach, wie sie sich vor einem Vierteljahrhundert an der Nordsee beim Zelten kennengelernt haben, und in Gesprächen erfährt Markus manche Neuigkeit vom gemeinsamen, achtzehnjährigen Sohn Paul. Um Verbindung zu ihm aufnehmen zu können, hilft ihnen ausgerechnet eine frühere Bordellbesitzerin. Für Turbulenzen sorgt aber auch die Mitnahme eines Anhalterpärchens, ein Besuch bei einem Pfarrer und einer Hochzeitsfeier, bei der Oskar seine früheren Fähigkeiten als Fotograf unter Beweis stellt. Was ihn in Husum erwartet, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht einfallen lassen, was allerdings auch für die beiden Entführer gilt, die längst überall gesucht werden.

Seitdem bei Tina und Markus auch noch „Oskar an Bord“ ist, sorgt der Roman von Ulrike Herwig für Verwirrung und reichlich Missverständnisse auf der abenteuerlichen Flucht. Immer, wenn man glaubt, dass sie in einer Sackgasse stecken, kommt dank der Fantasie und genialen Ideen der Autorin die Rettung. Der temporeiche Plot überzeugt durch einen flüssigen Schreibstil und unterschwellige Anklagen, wie mit alten Leuten umgegangen wird, die in Heime abgeschoben werden. Einen besonderen Scherz hat sich die Autorin mit Abkürzungen bei Handynachrichten erlaubt, die zwar wie die ganze Geschichte völlig überzogen sind, aber dennoch beim Leser ein Grinsen hervorrufen. Einen tieferen Sinn hat der Roman nicht, was aber wohl auch nicht von Ulrike Herwig beabsichtigt war. Die verrückten Erlebnisse der Protagonisten sind einfach beste Unterhaltung pur und sorgen für gute Laune.

Oskar an Bord von Ulrike Herwig

Oskar an Bord
dtv 2015
Klappenbroschur
288 Seiten
ISBN 978-3-423-26084-8

Bildquelle: dtv
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