Jogginghosen-Henry von Hannes Finkbeiner

Jogginghosen-HenrySeit seinem elften Lebensjahr zwicken Henry alle Hosen im Schritt und für ihn kommen seitdem nur noch Jogginghosen in Betracht. Da er die sogar bei seiner Tätigkeit im Supermarkt trägt, ist er für alle nur noch der „Jogginghosen-Henry“. Mit seinen Freunden Gabriel, der durch seine Arbeit als Bestatter Grabriel genannt wird, und dem bei einer Bank beschäftigten Schalter-Felix startet er von Bad Harzburg zu einem Heavy-Metal-Festival, wo alle gerne und reichlich dem Bier zusprechen. Irgendwie stößt unterwegs noch Evil Enrico zu ihnen. Und dann entdeckt Henry SIE! Seine Gedanken können sich nicht mehr von dem schönsten Mädchen dieser Erde lösen. Doch wie soll er sie finden, wenn er weder ihren Nachnamen, noch ihre Adresse kennt, lediglich ihren Vornamen, Janka.

Tatsächlich trifft er im Jahr darauf Janka auf dem Festivalgelände wieder, doch in Begleitung der Kreationistin Deborah, was für allgemeine Verwirrung sorgt. Henry, der von einer Bandkarriere träumt, macht die Bekanntschaft des Musikkritikers Nille und auf einem Mittelaltermarkt lernt er die Physiotherapeutin Violette kennen. Ausgerechnet, als er erste Erfahrungen mit Haschkeksen macht, läuft ihm White Death über den Weg, dem die Fähigkeit der Pathophysiognomie nachgesagt wird, per Gesichtsdiagnose den Tod vorauszusagen. Nicht nur Enrico muss im Sanitätszelt behandelt werden, auch Henry wacht eines Tages im Krankenzelt auf. Neben seiner Sehnsucht und den Träumen, die Janka gelten, erleidet er einen herben Schicksalsschlag, Erinnerungen an seine verstorbene Mutter plagen ihn und schließlich folgt er seinem Vater von Bad Harzburg nach Sorge bei Elend, deren Namensgebungen seine innere Verfassung nicht treffender ausdrücken könnten.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Die beiden Ortsteile Elend und Sorge der Stadt Oberharz am Brocken, in die es „Jogginghosen-Henry“ zieht, existieren tatsächlich. Hannes Finkbeiner lässt ihn seine Erlebnisse auf insgesamt vier Heavy-Metal-Festivals in der Ich-Form erzählen. Während sein Protagonist sich durchaus auch in einer sehr gewählten Sprache ausdrücken kann, passt er sich natürlich in den Gesprächen mit seinen Freunden der zuweilen auch derben Umgangssprache an, die der Handlung Authentizität verleiht. Der Autor, der selbst Open-Air-Konzerte dieser Musikrichtung besucht und für das Buch Recherchen beim weltgrößten Metal-Festival in Wacken betrieben hat, konnte so auf seine Erfahrungen zurückgreifen, die wahrscheinlich auch auf den im Roman beschriebenen schlechten Zustand der Duschen zutreffen.

Anfangs fällt es schwer, den roten Faden in der Geschichte zu finden, da man den Zusammenhang vom Geschehen beim Festival zu den noch weiter zurück liegenden Ereignissen sucht, zu denen ein Zeltlager gehört, das Henry als Elfjähriger besucht hat und von dem er in Rückblicken erzählt. Früher oder später wird klar, dass das Episoden innerhalb des Handlungsrahmens sind, die für sich sprechen und von einem umfangreichen Allgemeinwissen des Autors zeugen. Seinen hormongesteuerten Protagonisten schließt man zunehmend ins Herz, je tiefer man in die Geschichte eintaucht, zumal man als Leser auch direkt von ihm angesprochen wird, wenn er nicht gerade mit Gott debattiert. Der turbulente Roman „Jogginghosen-Henry“ von Hannes Finkbeiner überzeugt mit flotten Sprüchen und durchaus auch Tiefsinn, wenn der auch nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen ist, und ganz besonders alle Metal-Fans kommen bei der Lektüre voll auf ihre Kosten.

Jogginghosen-Henry von Hannes Finkbeiner

Jogginghosen-Henry
Heyne Verlag 2016
Klappenbroschur
349 Seiten
ISBN 978-3-453-41868-4

Bildquelle: Heyne Verlag
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