Eric ist Nachrichtentechniker in Ostberlin und wohnt seit dem Auszug von seinen Eltern bei seiner Tante. Er denkt daran, sein Abitur nachzuholen und Medizin zu studieren. Während eines Besuchs in einer Disco fällt ihm ein Mädchen auf, ist aber zu schüchtern, sie zum Tanzen aufzufordern. Erst draußen spricht er sie an und erfährt, dass sie auf Klassenfahrt ist und Chemiefacharbeiterin bei Brandenburg ist. Als sie voneinander Abschied nehmen müssen, weiß er nur von ihr den Vornamen Emilia und dass sie in Rathenau am Theater spielt. Von seinem Freund Alex erhält Eric Tipps, wie er nach Emilia suchen kann. Ausgerechnet in einer Nacht, in der Eric Dienst hat, kommt es in der U-Bahn zu einem Brand. Doch unerlaubterweise hat er die Funkwerkstatt zum Aufspüren seiner Liebsten verlassen und konnte so die Störung nicht melden, was ein Disziplinarverfahren zur Folge hat.
Inzwischen konnte er Emilia ausfindig machen und beide fallen sich im Liebestaumel überglücklich in die Arme. In einer Datsche kommen sie sich näher und Eric erfährt, dass Emilias Mutter an Multipler Sklerose erkrankt ist, weshalb sie die ganze Hausarbeit übernehmen muss. So oft als möglich treffen sie sich und nutzen die Zeit, als Erics Tante übers Wochenende wegfährt, für ein ungestörtes Beisammensein. Obwohl er das „Geflecht aus Korruption und Vitamin B“ verabscheut, bittet er seine Mutter, die als Internistin arbeitet und gute Kontakte pflegt, für die Löschung des Verweises in seiner Akte zu sorgen. Eric will nichts lieber als dem Irrenhaus, wie er seine Dienststelle nennt, entfliehen und als Pfleger im Krankenhaus unterkommen.
Für Emilia wird das Zusammenleben mit ihrer kranken Mutter und dem nur auf Karriere bedachten tyrannischen Vater immer unerträglicher. Eric kündigt seinen Job, noch bevor er einen neuen hat und findet im März 1987 endlich eine Anstellung als Pfleger. Allerdings verdient er im Krankenhaus nur die Hälfte und erlebt bei seiner ersten Visite ein zutiefst demütigendes Gebaren des Chefarztes. Zudem ist ihm klar, dass er sich um Durchzuhalten mehr Respekt verschaffen muss. Emilia ist nach Bestehen des Eignungstestes an der renommierten Ernst Busch Schauspielschule überglücklich, schafft jedoch in der Folge nicht die Aufnahmeprüfung, was sie in eine tiefe Krise stürzt. Am Boden zerstört, kommt ihre Mutter auch noch ins Krankenhaus. Emilia muss sich um einen Heimplatz kümmern, weshalb sie kaum noch Zeit für Eric hat. Eines Morgens steht die Stasi vor seiner Tür und holt ihn aus seinem Bett.
Erik D. Schulz zeichnet in seinem zum Teil autobiografischen Roman Eric & Emilia: Lehrzeiten* das Leben eines jungen Mannes nach, der wie er zunächst als Nachrichtentechniker arbeitete, an der Abendschule das Abitur nachholte und schließlich Medizin studierte. Ob er jemals selbst in die Fänge der Stasi geriet, bleibt im Dunkeln. Doch hat er die Methoden glaubhaft dargestellt, wie ein Inhaftierter zunächst gezwungen wird, gerade auf einem Hocker ohne Lehne zu sitzen und nur auf dem Rücken zu schlafen, um diesen im Vorfeld „zu brechen“. Wenn er endlich, ohne überhaupt einen Grund für die Verhaftung zu kennen, zum Verhör gerufen wird, sitzt er einem gespielt freundlich wirkenden Spezialisten gegenüber, der es versteht, sein Gegenüber einzuschüchtern und zu unüberlegten, belastenden Antworten zu provozieren. Auf subtile Art, ganz ohne Folter, vermag er von dem einen oder anderen eine Unterschrift zu erzwingen. Interessant ist auch die Erwähnung der Klischees von auffällig unauffälligen Beobachtungsposten und dass jeder jemanden kennt, der jemanden kennt…
Ebenfalls hat der Autor überzeugend die psychische Zerrissenheit seines Protagonisten dargestellt, des nur um des lieben Friedens Willen und Harmonie in seinem Elternhaus seinem Vater die Lüge aufgetischt hat, er würde anstelle eines Medizinstudiums ein solides Handwerk erlernen. Der Roman Eric & Emilia: Lehrzeiten* dokumentiert eine glücklicherweise vergangene Ära mit Spitzeln, bei dem keiner jemandem trauen konnte und gewinnt ab dem Moment an Spannung, als Eric von der Stasi abgeholt wird und Todesängste durchsteht, wobei seine Sorge trotz seines eigenen Schicksals seiner über alles geliebten Emilia gilt.
Eric & Emilia: Lehrzeiten von Erik D. Schulz
Delfy International Publishing 2024
Taschenbuch
240 Seiten
ISBN 978-3-9826390-9-3