Echo des Schweigens von Markus Thiele

Echo des SchweigensRechtsanwalt Dr. Hannes Jansen erhält von seinem Chef die Chance seines Lebens. Seit zwölf Jahren ist der Tod des Senegalesen Abba Okeke ungeklärt, der in seiner Zelle im Polizeigewahrsam verbrannt ist. Nur Kommissar Maik Winkler besaß einen Schlüssel zur Zelle, weshalb er bereits wegen Mordes in einem Indizienprozess angeklagt, aber mangels Beweise freigesprochen wurde. Obwohl ein Täter in der Regel wegen derselben Tat kein zweites Mal angeklagt werden kann, hat die Staatsanwaltschaft Magdeburg die Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund eines Gutachtens mit neuen Beweisen zugelassen. Wenn Hannes Jansen, der seit der Trennung von seiner Ehefrau in großen finanziellen Schwierigkeiten steckt, die Verteidigung übernimmt und für seinen Mandanten einen Freispruch erzielt, wäre er nicht nur seine Sorgen los, sondern würde darüber hinaus auch Partner in der Kanzlei werden.

Am ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht in Magdeburg ist Hannes Jansen in Gedanken bei der Pathologin Dr. Sophie Tauber, die er erst kürzlich auf einer Auktion kennengelernt hat und die er unmittelbar nach der Verhandlung treffen will, um mit ihr den Jahreswechsel 2017 in einem Hotel auf der Zugspitze zu feiern. Doch erst jetzt erfährt er im Gerichtssaal, dass ausgerechnet seine neue Liebe das Gutachten erstellt hat, das die Wiederaufnahme des Verfahrens ermöglichte. Somit wird sie in dem neu aufgerollten Prozess seine Gegnerin, was Auswirkungen auf ihre Beziehung haben könnte.

Markus Thiele beginnt seinen Roman „Echo des Schweigens“ mit einem Plädoyer, das eine plötzliche Unterbrechung erfährt, als Hannes Jansen offensichtlich neue Beweismittel vorgelegt werden. Erst im weiteren Verlauf erfährt der Leser, wie der Verteidiger sich auf den Prozess vorbereitet, die umfangreichen Akten studiert und seinen Mandanten aufsucht. Während dieser Zeit lernt Hannes Jansen die Pathologin Sophie Tauber kennen, deren Mutter verstorben ist. In ihrem Nachlass findet sie ein Bild einer gewissen Daphne, was sie neugierig macht. Vom Pfarrer bekommt Sophie einen ersten Hinweis und hat die Hoffnung, ihren Vater zu finden, von dem ihre Mutter stets behauptete, dass er sie einfach verlassen hat. Sophies Recherchen führen bis in die Nazizeit und zu einem Verbrechen, das ihre Familienchronik offenbart und ihre Grundfeste erschüttert. Im Wechsel zum aktuellen Geschehen werden diese Ereignisse erzählt.

Im Nachwort erklärt Markus Thiele, der selbst Rechtsanwalt ist, dass die Geschichte um Abba Okeke angelehnt ist an das Schicksal des am 7. Januar 2005 bei einem Brand im Dessauer Polizeigewahrsam umgekommenen Sierra-Leoners Oury Jalloh und dass die genauen Hintergründe bis heute ungeklärt sind. Der Autor schildert den Kriegsalltag eindrücklich mit „abgerissenen Gliedmaßen“ oder „aufgeplatzten Bäuchen“ und schreibt von zu Tode geschlagenen Menschen, willkürlichen Taten und Menschenversuchen der Nazis. Besonders deutlich macht er den Gewissenskonflikt eines Verteidigers, wenn der von der Schuld seines Mandanten überzeugt ist, aber die Verschwiegenheitspflicht wahren muss und sich sogar strafbar machen würde und seine Zulassung verliert, wenn er die Wahrheit ans Licht bringt. Für einen Anwalt hat nur zu gelten, was sein Mandat von ihm verlangt, und er muss immer vor Augen haben, dass er kein Richter ist. „Echo des Schweigens“ ist ein tiefgründiger und fesselnder Roman, der nachdenklich macht, am Ende mit einer überraschenden Erkenntnis aufwartet und durchaus auch amüsante Szenen beinhaltet.

Echo des Schweigens von Markus Thiele

Echo des Schweigens
Benevento Verlag 2020
Hardcover mit Schutzumschlag
408 Seiten
ISBN 978-3-7109-0091-4

Bildquelle: Benevento Verlag
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