Die Suche von Charlotte Link

Die SucheDetective Sergeant Kate Linville vom Scotland Yard muss sich um das Haus ihres verstorbenen Vaters im nordenglischen Scalby kümmern und mietet deshalb ein Zimmer bei dem Ehepaar Deborah und Jason Goldsby. Als Deborah mit ihrer vierzehnjährigen Tochter Amelie zum Einkaufen fährt und nur eine knappe halbe Stunde im Supermarkt verbringt, ist Amelie bei ihrer Rückkehr spurlos verschwunden. Deborah und Jason bitten Kate, mit ihnen zur Polizei zu gehen. Dort trifft Kate auf Detective Chief Inspector Caleb Hale, den sie von einem früheren Fall kennt.

Zufällig wird am Tag des Verschwindens von Amelie die Leiche der vor zehn Monaten vermissten Saskia Morris in den Hochmooren gefunden, die von einem Besuch bei einer Freundin nach Hause gehen wollte, wo sie allerdings nie ankam. Obwohl Kate weiß, dass sie sich nicht in die Ermittlungen von Caleb einmischen darf, will sie alles über den Fall wissen und stößt dabei auf ein einige Jahre zuvor vermisstes Mädchen: Die ebenfalls vierzehn Jahre alte Hannah Caswell verpasste nach einem Besuch bei ihrer Großmutter den Zug, woraufhin sie der junge Kevin Bent mit seinem Auto ein Stück bis Scarborough mitnahm. Doch ihr Vater Ryan suchte sie dort vergebens. Für ihn stand fest, dass Kevin seine Tochter umgebracht hat, deren Leiche nie gefunden wurde.

Eine Obduktion ergibt, dass Saskia erst seit sechs Wochen tot sein kann und demnach neun Monate gefangen gehalten worden sein musste. Alles deutet darauf hin, dass sie elendig verhungert und verdurstet ist. Die Ermittlungen von Inspector Caleb Hale und seinem Kollegen Robert Stewart konzentrieren sich auf die Suche nach Amelie. Unterdessen macht sich eine Mitarbeiterin des Jugendamtes Sorgen um Mandy Allards, deren Mutter Lynn offenbar gelassen hinnimmt, dass es von ihr kein Lebenszeichen gibt. Nicht nur Caleb ist überrascht, als Alex Barnes und David Chapland als Helden gefeiert werden, weil sie ein vermisstes Mädchen vor dem Ertrinken gerettet und aus dem Wasser gezogen haben. Auch Kate zeigt sich verwundert und ermittelt undercover, indem sie sich als Journalistin ausgibt.

Der Kriminalroman „Die Suche“ von Charlotte Link besteht aus wechselnden Handlungssträngen: Da gibt es die Ermittlungsarbeit von Inspector Caleb Hale, dem es schwerfällt, auf Alkohol zu verzichten und der verärgert über die wiederholte Einmischung von Kate ist, obwohl er ihre ausgezeichneten Fähigkeiten als Ermittlerin zu schätzen weiß. Unterbrochen werden diese Passagen durch Gespräche der Jugendamtsmitarbeiterin bei Mandys Familie, die verzweifelte und schier aussichtslose Lage, in der sich ein eingesperrtes Mädchen befindet sowie Kapitel, die sich den Gedanken und Handlungen des Täters widmen. Zudem räumt die Autorin Kates Ermittlungen auf eigene Faust einen breiten Raum ein. Nebenbei begibt sich Kate in einem Datingportal auf „Die Suche“ nach einem Partner und muss sich natürlich auch noch um die Entrümpelung ihres Elternhauses kümmern. Charlotte Link charakterisiert sie als wenig selbstbewusst. Dass sie sich nur deshalb in eine Beziehung stürzt, weil der Mann ihr Komplimente macht, ist wenig glaubwürdig. Auch dass das Scotland Yard seine Mitarbeiter so schlecht in Selbstverteidigung schult wie es bei Kate der Fall ist, darf ebenfalls bezweifelt werden. Gleiches trifft auf Wunden von einem der verschwundenen Mädchen zu, die während einer fortschreitenden Entzündung bereits zu stinken begonnen haben und lediglich für Fieberschübe gesorgt haben sollen. Vielleicht kann ein Mensch eine so schwere Verletzung tatsächlich überleben. Umso fragwürdiger ist aber, wenn Kate von einem fremden Handy eine SMS an einen Empfänger versenden kann, den sie noch nicht lange kennt und die Nummer auswendig gewusst haben müsste.

Ungeachtet dieser Auffälligkeiten macht Charlotte Link den Leser von Anfang bis zum Ende auf den weiteren Verlauf der Handlung neugierig. Immer wieder gibt es Wendungen, die dem Plot eine völlig neue Richtung geben. Sie musste zwar für den Kriminalroman keine Recherchen betreiben, weil alle Begebenheiten fiktiv sind, doch musste sie sich ein gut durchdachtes Konstrukt zurechtlegen, damit letztlich inhaltlich alles stimmig ist. Mit immer neuen Überraschungen wird der Leser gerne der Aussage von Kate zustimmen, die an einer Stelle perplex äußert: „Das gibt es doch nicht“. Doch, bei Charlotte Link gibt es auch fast Unmögliches, und das in einem altbewährten, flüssigen und recht anschaulichen Sprachstil.

Die Suche von Charlotte Link

Die Suche
Blanvalet Verlag 2018
Hardcover mit Schutzumschlag
656 Seiten
ISBN 978-3-7645-0442-7

Bildquelle: Blanvalet Verlag
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