Die Sonne über Berlin – Trugbild von Carla Kalkbrenner

Die Sonne über Berlin - TrugbildKriminalhauptkommissar Eberhard Dahlberg und sein Kollege Johannes Julius Eckbert von Gotthaus, kurz Jo genannt, werden zu einem Luftschutzbunker in Berlin gerufen, in dem der Maler Gernot Reischberger, der dort sein Atelier hat, tot aufgefunden wurde. Offensichtlich ist er von der Leiter gestürzt und anschließend an der über sein Gesicht gelaufenen Farbe erstickt. Da die Spurensicherung allerdings ungewöhnlicherweise im Atelier keine Spuren finden konnte, gehen die Ermittler Dahlberg, Jo, Kollegin Claudia Gerlinger sowie Alexander Taub von Mord aus.

Während der Kunstwissenschaftler Achim de Rouquette im Auftrag seines Chefredakteurs einen Nachruf schreiben und dazu die alten Kumpel des toten Malers, Attila Lührmann und Dieter Scherzer, „ausquetschen“ soll, statten die Ermittler der Witwe Ingrid Reischberger einen Besuch ab. Sie eröffnen der Mutter von Lars und Stiefmutter von Victoria, dass ihr verstorbener Ehemann zwar hohe Summen für seine Gemälde erzielen konnte, doch von dem Gewinn nur wenig übriggeblieben ist, was die Frau, die einen aufwendigen Lebensstil gewöhnt war, mit Befremden zur Kenntnis nimmt. Noch überraschter zeigt sie sich, dass sie und die beiden Kinder nach ihrem Alibi für die Tatzeit gefragt werden.

Nicht nur Achim de Rouquette weiß von den alten Kumpeln Attila Lührmann und Dieter Scherzer, sondern auch die Recherchen der Ermittler führen sie zu den beiden, die mit Gernot Reischberger in ihrer Studienzeit in Leipzig zu den „Phantastischen Drei“ gehört haben. Immer tiefer tauchen die Kommissare in das Dickicht von ominösen Geschäften, deren Weg von Leipzig nach Berlin führte und in die alle drei ehemaligen Kunststudenten verwickelt waren. So bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in Leipzig nach der Auflösung des Falles zu suchen.

Der Kriminalroman „Die Sonne über Berlin – Trugbild“ von Carla Kalkbrenner folgt nicht dem geläufigen Muster eines Krimis, in dem üblicherweise das Dezernat genannt wird, in dem die Kriminalbeamten arbeiten. Auch kommen keine Waffen zum Einsatz und es gibt keine Verfolgungsjagden. Während der Leser gewöhnlich einen Fall aus der Perspektive der Ermittler verfolgt, wird er hier über die Ereignisse der verschiedenen Protagonisten in eigenen Kapiteln informiert: Mal aus Sicht der Witwe oder ihrer Stieftochter, mal aus der Sicht der alten Kumpel des Ermordeten und natürlich auch aus Sicht der Kommissare.

Die Autorin beschreibt einzelne Szenen äußerst detailliert, indem sie alles das zum Ausdruck bringt, was sonst in einem Film lediglich beobachtet werden kann und damit eine gewisse Atmosphäre schafft. Außerdem holt sie vornehmlich weit aus, beispielsweise in einem Fall zu einem Märchen, als Kriminalhauptkommissar Dahlberg seinem kleinen Sohn beim Fernsehen zuschaut, darüber schließlich einschläft und die Handlung im Traum fortsetzt, was immerhin zu einem weiteren Baustein hin zur Lösung des Falles führt. Interessant in diesem Zusammenhang ist die nicht korrekte Wiedergabe von „Spiegeln, Spiegeln an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“, was jedoch bei dem schlechten Korrektorat, bei dem entweder Worte fehlen, andere dafür zweimal hintereinander vorkommen, ein falscher Satzbau oder sonstige Fehler zu beklagen sind. Etwas aus der Reihe tanzt da schon eine von Achim de Rouquette bewunderte Fähigkeit, „freundlich zu sein, ohne freundlich zu sein“.

Carla Kalkbrenner lässt in ihrem Kriminalroman „Die Sonne über Berlin – Trugbild“ tief in menschliche Abgründe blicken, wobei jeder versucht, für sich das Beste herauszuholen. Obwohl der Leser am Fortgang der Handlung interessiert ist, darf er keinen spannenden Plot erwarten, bei dem ihm das Herz stehen bleiben könnte. Immerhin gibt es noch einen zweiten Toten, und die Verstrickungen führen zur Suspendierung eines Kriminalisten. Der dafür mit Wortwitz gespickte Kriminalfall ist, wie es treffend eine der Handlungspersonen an einer Stelle bemerkt, ein „Treppenwitz der Kunstgeschichte“.

Die Sonne über Berlin – Trugbild von Carla Kalkbrenner

Die Sonne über Berlin - Trugbild
Martini & Loersch Verlag 2022
Hardcover
272 Seiten
ISBN 978-3-9816107-7-2

Bildquelle: Martini & Loersch Verlag
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