Die schwarzen Wasser von Venedig von Edith Schreiber-Wicke

Die schwarzen Wasser von VenedigDer Doppelband „Die schwarzen Wasser von Venedig“ von Edith Schreiber-Wicke vereint zwei spannende Kriminalfälle um den ermittelnden Commissario Roberto Gorin von der Questura in Venedig. Im ersten Krimi „Freier Fall“ finden Arbeiter die Tochter des einflussreichen Marcello Loredan mit unnatürlich verrenktem Körper auf dem Rasen vor ihrer Schule. Caterina überlebt und liegt auf der Intensivstation, wo sie allerdings mit niemandem reden will und das Essen verweigert. Obwohl Roberto ein Fremdverschulden nicht ausschließen kann, will er von Marcello Loredan wissen, ob seine Tochter in Selbstmordabsicht aus dem Fenster gesprungen sein könnte, zumal sie auffällige Narben am Unterarm aufweist und magersüchtig ist. Doch ihr Vater zeigt sich äußerst unkooperativ und versucht die weiteren Ermittlungen zu verhindern.

Mitten in der Nacht erhält Roberto einen Anruf seines Bruders, dessen Tochter Chiara in New Mexico wegen Mordes verhaftet worden ist. Luca, Chiaras Freund und Mitschüler, wurde unterhalb der Cliff Dwellings tot aufgefunden. Da sowohl Chiara, als auch Luca Schulkameraden von Caterina Loredan sind und das der zweite Unglücksfall innerhalb weniger Tage eines Schülers derselben Schule ist, hält Roberto das für keinen Zufall. Er bucht einen Flug zu seiner Lieblingsnichte und besucht sie im Gefängnis. In Gesprächen mit dem Lehrer Lorenzo Girotti und den anderen Schülern Bruna, Fabio und Daniele hofft er, mehr über die Umstände zu erfahren, die zum Tod von Luca geführt haben. Unerwartete Hilfe bekommt Roberto in Luis Baca, einem indianischen Polizisten, dessen Spürsinn ihn bei der Spurensuche zunehmend beeindruckt.

In dem zweiten Kriminalfall „Schatten der Angst“ des Doppelbandes „Die schwarzen Wasser von Venedig“ lebt Luca nach dem Tod seiner Eltern bei seinem Großonkel Filippo Nardi und der Haushälterin Assunta. Doch der vermögende Onkel geizt mit dem Taschengeld, wofür Luca ihn hasst. Als er den etwas älteren Sergio kennenlernt und der ihn zu sich nach Hause einlädt, macht dieser Luca den Vorschlag, für ihn seinen Onkel zu erschießen. Wie zum Beweis dafür, dass er es ernst meint, zeigt er ihm eine Beretta, die Luca ruhig auch einmal in die Hand nehmen dürfte. Nachdem Sergio äußert, sie könnten sich die Erbschaft teilen, verabschiedet sich Luca mit gemischten Gefühlen.

Unterdessen geht bei der Questura in Venedig ein Anruf ein: Die Schülerin Carlotta wird nach einem Schulausflug vermisst. Als ein weiterer Anruf vom Golfverein meldet, ein Clubmitglied sei erschossen worden, schickt Commissario Roberto Gorin seinen Kollegen Piero zum Golfplatz. Der erkundigt sich dort nach den näheren Umständen und teilt darauf Roberto mit, dass es sich bei dem Ermordeten um den Finanzexperten und reichen Filippo Nardi handelt. Dass der ausgerechnet ein Nachbar der verschwundenen kleinen Carlotta ist, hält Roberto für keinen Zufall. Da Filippo Nardi nur einen lebenden Verwandten, einen Neffen namens Luca haben soll, beschließt Roberto, ihn im Palazzo aufzusuchen und vom Tod des Onkels zu unterrichten.

Die beiden Kriminalromane, die in dem Doppelband „Die schwarzen Wasser von Venedig“ zusammengefasst sind, leben von der Figur des Protagonisten Commissario Roberto Gorin und seinem trockenen Humor. Ihn zeichnen ironische, bis in der Spitze sarkastische Kommentare aus, die den Leser köstlich amüsieren. In seinen genial durchgeführten Verhören beschränkt er sich auf das Wesentliche und stellt präzise Fragen, auf die er zu seinem Leidwesen jedoch nicht immer ebenso klare und knappe Antworten bekommt. Dafür kann er sich auf seinen Kollegen Piero stets verlassen und hat in Sandra eine verständnisvolle Ehefrau. Sein Problem ist sein Übergewicht, da er gerne und gut isst. Daneben kann er auf seinen Macchiato nicht verzichten, womit in den Romanen das italienische Lebensgefühl deutlich zum Ausdruck gebracht wird.

Edith Schreiber-Wicke versteht es, das Interesse des Lesers am Fortgang der Handlung zu wecken, indem sie häufig an einem Kapitelende Andeutungen macht, die ihm kaum ermöglichen, das Buch aus der Hand zu legen. Es ist einfach ein Lesegenuss erster Güte, wie der Autorin immer wieder intelligente Umschreibungen einfallen, die zum Schmunzeln anregen. Während es in dem ersten Kriminalfall um das Schicksal der Indianer geht, denen ihr Land und ihre Kultur genommen wurde, erfährt der Leser im zweiten Fall einiges über den Golfsport. Der Autorin war es offensichtlich wichtig, auf die Schwermetallbelastung der in der näheren Umgebung von Venedig geernteten Muscheln und auf das Schicksal vieler Kinder hinzuweisen, die für viele nur noch eine Handelsware sind: Sie werden „zu Sexvideos gezwungen, an Pädophile verschachert oder von Organhändlern umgebracht“. Die beiden Kriminalromane, die den Leser mit auf eine Reise durch die Kanäle Venedigs nehmen, warten mit überraschenden Wendungen auf und sind nicht nur eingefleischten Krimifreunden zu empfehlen, sondern darüber hinaus allen, die einen geistreichen Plot und beste Unterhaltung zu schätzen wissen.

Die schwarzen Wasser von Venedig von Edith Schreiber-Wicke

Die schwarzen Wasser von Venedig
Thienemann Verlag 2019
Taschenbuch
448 Seiten
ISBN 978-3-522-20254-1

Bildquelle: Thienemann Verlag
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