Die Knochennadel von Andreas Gruber

Die KnochennadelPrivatdetektiv Peter Hogart freut sich, endlich einmal privat in Paris zu sein. Seine Lebensgefährtin Elisabeth Domenik muss nur noch die Versteigerung eines seltenen, aus Elfenbein geschnitzten Exponates als Gutachterin für eine Versicherung in dem Pariser Opernhaus leiten. In Begleitung seiner Nichte Tatjana, die Hogart als Auszubildende an der Polizeischule nacheifert, stellt Elisabeth ihm Frau Dr. Meyer-Lanski vor, die kulturelle Leiterin des Opernhauses. Hogart zeigt sich verwundert über die seiner Meinung nach laschen Sicherheitsvorkehrungen, für die nur Girard und Isabelle verantwortlich sind, was bei dem Detektiv ein ungutes Gefühl hinterlässt. Doch nachdem ihm Elisabeth versichert, dass sich im Etui lediglich ein Duplikat der wertvollen Knochennadel befindet, während das echte Exponat in einem Tresor verwahrt wird, ist er beruhigt.

Mit Tatjana vertreibt sich Hogart die Zeit der Versteigerung und wartet bereits viel zu lange auf Elisabeth, mit der abgesprochen ist, dass er im Anschluss gemeinsam mit ihr zum Banktresor fahren soll, wohin „Die Knochennadel“ in einem tragbaren Safe transportiert werden soll. Doch von Elisabeth fehlt jede Spur! Dafür findet Hogart ihre Lesebrille und ihren Kugelschreiber. Sie muss entführt worden sein, und er verständigt unmittelbar die französische Kripo, die allerdings keine Notwendigkeit zum Handeln sieht. Stattdessen ruft Kohlschmied, Außendienstleiter der Versicherung, Hogart an und sagt ihm im Auftrag von Versicherungsdirektor Rast, dass einer der Ersteiger mit einer Klage droht, da Elisabeth offensichtlich mit dem Exponat untergetaucht ist. Der ist aber nicht als Einziger hinter der Knochennadel her, denn nach einem ersten auf Hogart verübten Überfall fürchtet auch die Anbieterin des Exponates, von Elisabeth hereingelegt worden zu sein und setzt ihm eine Frist zur Beschaffung desselben, sofern ihm sein Leben lieb ist.

Andreas Gruber kann den Leser bereits mit den ersten Sätzen seines in sich abgeschlossenen dritten Teils der Hogart-Reihe „Die Knochennadel“ fesseln: Die kleine Aimée und ihr Bruder David müssen mitansehen, wie ihre Eltern umkommen. Der Autor hält sich an keiner Stelle mit Nebensächlichkeiten auf, kommt sofort zur Sache, die Ereignisse überstürzen sich und immer wieder zaubert er Überraschungen aus dem Hut. Seine sehr realistisch wirkenden Ausführungen erzeugen beim Leser das Gefühl, an dem Geschehen unmittelbar beteiligt zu sein. Der mit Rückblicken versehene Thriller punktet mit Lokalkolorit und besten Recherchen, für die der Autor bei kompetenten Personen Rat eingeholt hat.

Seinen Protagonisten hat Andreas Gruber mit unverwechselbaren Merkmalen ausgestattet: Peter Hogart hat wegen eines kürzeren Beines eine schiefe Hüfte, ist ein Fan alter Schwarz-Weiß-Filme und liebt Jazz-Schallplatten der 30er Jahre. Er benutzt für Notizen Papier und Bleistift und verlässt sich auf sein Bauchgefühl sowie seinen scharfen Verstand, während seine Nichte Tatjana ein modernes Handy zu schätzen weiß, mit Dreadlocks und Doc Martens auftritt und Bass in einer Girls-Punkband spielt. So sehr Hogart sie am liebsten sofort nach Elisabeths Verschwinden nach Wien zu ihren Eltern geschickt hätte, so sehr ist er auch auf ihre Französischkenntnisse angewiesen. Hätte er geahnt, dass nicht nur sein Leben, sondern auch das seiner Nichte in Gefahr ist, hätte er sich bestimmt nicht von ihr zum Bleiben überreden lassen. Denn im weiteren Handlungsverlauf muss Hogart vor einer Reihe von Verfolgern flüchten und ist froh, auf eine Verbündete zu stoßen, die offensichtlich seine letzte Rettung ist, denn bis zum Ende säumen zahlreiche Tote seinen Weg. Wer nicht zu empfindliche Nerven hat, sollte sich diesen spannenden Thriller nicht entgehen lassen.

Die Knochennadel von Andreas Gruber

Die Knochennadel
Goldmann Verlag 2020
Klappenbroschur
608 Seiten
ISBN 978-3-442-49071-4

Bildquelle: Goldmann Verlag
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