Das Lesen von Büchern ist eine Leidenschaft. So auch für die Protagonistin in dem Roman „Die Buchhandlung der Träume“ von Cristina Di Canio. Obwohl Nina als Angestellte eines Unternehmens die Vorzüge von Sozialleistungen zu schätzen wusste, hat sie sich vor fünf Jahren ihren Traum erfüllt und eine Buchhandlung in Mailand eröffnet. Das Außergewöhnliche daran ist, dass ein Kunde ein Buch, das ihm besonders am Herzen liegt, käuflich bei der Buchhändlerin erwirbt, das diese anonym an einen nächsten Kunden verschenkt.
Als Buchhändlerin wird Nina mit allerlei verrückten Wünschen ihrer Kunden konfrontiert: Da bringt ein Ehepaar ihr Kleinkind einfach in die Buchhandlung, um in Ruhe Einkäufe zu tätigen. Ein Vater möchte das Bücherregal seines Sohnes auffüllen, worauf Nina sich schon auf einen gewinnträchtigen Auftrag freut, was ihrer finanziellen Situation sehr gelegen kommt. Doch dann erfährt sie, dass der Vater an Ladenhüter dachte, die ihm kostenlos überlassen werden. Sein Sohn würde sowieso nie lesen und die Bücher sollten lediglich ein Blickfang sein. So ärgerlich diese alltäglichen Begebenheiten auch für Nina sind: Mit fast dreißig Jahren ist ihr immer noch nicht der Richtige über den Weg gelaufen. Die Verlobung mit Filippo ist geplatzt. Kann sie den Beteuerungen von Andrea glauben? Und was ist mit dem Musiker Leonardo, der eines Tages in ihrer Buchhandlung aufkreuzt?
Der Plot wird aus Sicht der achtzigjährigen Adele erzählt, die in einem Sessel in der Buchhandlung alles Geschehen beobachtet. Sie ist allerdings nicht wirklich präsent, mehr als Geist, wie es aus Romanen von Isabel Allende bekannt ist. Sie sieht die Kunden wie auch Ninas Freundin Emma aus dem Blumenladen Kommen und Gehen, wobei sie auf Stationen ihres eigenen Lebens zurückblickt. Sie erinnert sich, wie sie ihren Ehemann Domenico in Süditalien kennenlernte und mit ihm nach Mailand zog. Während seine Leidenschaft der Musik galt, fühlte sie sich schon immer der Literatur verbunden. Das Paar bekam Zwillinge und eine Tochter, die Adele schon zu Grabe tragen musste, wie auch ihren geliebten Domenico.
Cristina Di Canio übt Kritik an dem in Mailand stattgefundenen gesellschaftlichen Wandel in den Nachkriegsjahren, bei dem der wirtschaftliche Aufschwung stagnierte, die Korruption blühte, neu eröffnete Solarien versprachen Bräune und private Fernsehsender auch heute noch überwiegend Soaps senden. Firmen lehnen Arbeitswillige ab, die sie für überqualifiziert halten, und Kunden erhoffen sich von örtlichen Buchhändlern Hilfe, obwohl sie ihre Bücher bei Amazon kaufen. Denn das Buch selbst steht in dem Roman „Die Buchhandlung der Träume“ im Fokus, da auch die Autorin sich einen Traum erfüllt hat: Seit dem Jahr 2010 ist sie Betreiberin einer der bekanntesten Buchhandlungen Italiens, in der Kunden tatsächlich ein Buch an einen weiteren Kunden anonym verschenken können. Der vorliegende Roman ist all denen zu empfehlen, die wie Cristina di Canio eine Leidenschaft zur Literatur verbindet und die das gedruckte Buch noch zu schätzen wissen.
Die Buchhandlung der Träume von Cristina Di Canio
Übersetzung von Ingrid Ickler
Goldmann Verlag 2018
Broschur
208 Seiten
ISBN 978-3-442-20531-8