Der Tod so nah von Belinda Bauer

Der Tod so nahFür Ross Tobin, Chef der Nachrichtenredaktion iWitness News, zählt nur eines: Möglichst detaillierte Bilder eines Tatortes und möglicher Opfer zu präsentieren, bevor die Konkurrenz sie ausstrahlt. Als eine junge Frau in einem Großraumbüro niedergestochen wird, ist seine Mitarbeiterin, Fernsehreporterin Eve Singer, zur Stelle und kämpft mit aufkommender Übelkeit angesichts der schockierenden Menge Blutes. Natürlich ist Guy Smith von News 24/7 ebenfalls schon am Tatort. Wenig später findet ein Kinobesucher einen erstochenen Mann im Kinosaal, und Eve bekommt von ihm Informationen aus erster Hand. Ihre Reportage macht sie für den Mörder interessant. Er verfolgt sie eines Abends und noch bevor er sie überfallen kann, überrascht ihn ihre Reaktion, die ihr das Leben rettet. Der Vorfall gibt den Ausschlag für ein perfides Spiel.

Zunächst sendet der Mörder Eve ein Video, das den Mord im Kino zeigt. Doch noch ist Eve nicht überzeugt, dass sowohl der Mord im Großraumbüro, wie der folgende im Kino auf sein Konto geht. Er ruft sie an und bittet sie zum U-Bahnhof am Piccadilly Circus, wo er ihr etwas zeigen will. Als Eve dort eintrifft, wird just ein junges Mädchen von einem Zug überrollt. Der Mörder will sie davon überzeugen, dass sie beide die Gier nach dem Tod verbindet. Eve will herausfinden, ob das Mädchen auf die Gleise gestoßen worden sein könnte und spricht daher mit deren Freundin, die zusammen mit ihr am Bahnhof war. Mit ihrem Kollegen, dem Fotografen Joe, sucht Eve im Kino nach möglichen Spuren. Ihnen fallen Flyer auf, die auch am Bahnhof zu sehen waren.

Eve und Joe tauschen ihre Ergebnisse mit Superintendent Huw Rees vom New Scotland Yard aus, denn längst ist allen klar, dass der Mörder auf den Flyern den Zeitpunkt und Ort des nächsten Verbrechens ankündigt. Trotz eines enormen Polizeiaufkommens können sie auch einen weiteren Mord nicht verhindern. Eve ist fest entschlossen, den Mörder zu stellen, weshalb sie versucht, sich in seine Lage zu versetzen. Als ihr Kollege Guy Smith von der Konkurrenz ihr einen Schritt voraus ist, ärgert sie sich über seine fehlende Kooperationsbereitschaft. Doch mit Bestürzung realisiert sie das folgende Geschehen. Rees fürchtet um das Leben von Eve und sieht sich gezwungen, ihr Detective Sergeant Aguda als persönlichen Bodyguard zuzuweisen.

Belinda Bauer beginnt ihren Thriller „Der Tod so nah“ mit dem verzweifelten Versuch einer jungen Frau, ihrem Mörder zu entkommen, der sie durch ein Großraumbüro jagt, was den Adrenalinspiegel des Lesers schon auf die Spitze treibt. Szenen höchster Anspannung wechseln mit Kapiteln, die von Eves Alltagssorgen um ihren dementen Vater abgelöst werden und solchen, die sich dem verkorksten Lebensweg des Mörders widmen. Immer wieder holt die Autorin in scheinbar zusammenhanglosen Erzählsträngen weit aus, wodurch sich bei der Lektüre die Frage stellen kann, ob das für den weiteren Handlungsverlauf wichtig ist. Doch ganz unvermittelt lässt sie dann die Bombe platzen und überrascht damit den Leser. Überhaupt spielt sie mit seiner Angst, denn nicht nur einmal lässt sie ihn etwas glauben, was sich in der Folge als Unwahrheit herausstellt. Der Mörder bedient sich einer ungewohnt gewählten Ausdrucksweise und spricht Eve stets mit dem förmlichen SIE an. Selbst zum Zeitpunkt ihres geplanten und unmittelbar bevorstehenden Todes, als für Eve „Der Tod so nah“ ist, behält er die Höflichkeitsform bei. Der aufgrund des Sprachstils anspruchsvolle Thriller von Belinda Bauer sorgt beim Leser garantiert für Herzklopfen und kalte Schweißausbrüche.

Der Tod so nah von Belinda Bauer

Der Tod so nah
Übersetzung von Marie-Luise Bezzenberger
Goldmann Verlag 2018
Taschenbuch
448 Seiten
ISBN 978-3-442-48835-3

Bildquelle: Goldmann Verlag
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