Der Libanese von Clemens Murath

Der LibaneseDer mit Helen verheiratete Filmproduzent Harry Schumann hat bei einer Produktion Geld verloren, das er sich von Tarik Aziz geliehen hat, einem Mitglied der libanesischen Großfamilie unter Führung seines Bruders Arslan. Als Tarik klar wird, dass der Kosovo-Albaner Rodan Ekrem seine „scheiß Zigeuner“ als Dealer vor seinem Laden postiert und sich damit in den von seiner Familie kontrollierten Drogenmarkt einmischt, kann er das nicht dulden: Bei einem Treffen schlitzt er seinem Konkurrenten kurzerhand mit einem Klappmesser den Hals auf. Doch eine Zeugin verrät Tarik an die Polizei. Frank Bosman vom LKA Berlin bezieht mit zwei Kollegen vor dem Erotikcenter Dreamland Stellung. Der Zugriff endet damit, dass Frank einen Kollegen von Tarik erschießt, was wiederum von Nikki beobachtet wird, einer zufällig auf der Bildfläche erschienenen Frau.

Frank Bosman weiß nur zu gut, dass er nicht in Notwehr gehandelt hat. Aber das soll ihm sein Chef, der ihn und seinen Kollegen Schuster zu sich ruft, erst einmal beweisen. Doch dann behauptet Achmed, dass Frank seinen Bruder Merhan regelrecht exekutiert hätte und sein Anwalt droht mit einer Korruptionsklage, denn ein großer Teil des Heroins sowie der Tageseinnahmen ist offensichtlich verschwunden und nicht in der Asservatenkammer zu finden. Nicht genug damit, dass Frank Bosmans Schwager Harry in die Sache verstrickt ist, muss Frank einen Mord auf einen seiner Informanten aufklären und hat auch noch Nikki am Hals. Als er hofft, die Sache endlich im Griff zu haben, zieht Arslan einen Joker aus dem Ärmel, der Frank die Karriere kosten kann.

Clemens Murath hat in seinem Krimidebüt „Der Libanese“, für das er eine Fortsetzung verspricht, mit seinem Protagonisten eine Figur geschaffen, die eigene Vorstellungen von Recht und Ordnung hat. Wie seine mitwissenden Kollegen bedient er sich illegaler Methoden, nimmt eine „soziale Umverteilung“ vor, wie er es nennt, indem er bei Festnahmen Geld und Drogen unterschlägt, mit denen er Informanten bezahlt oder Notdürftige unterstützt, was jedoch nicht ausschließt, dass auch für ihn persönlich etwas abfällt. Obwohl er verheiratet ist und eine Tochter hat, nimmt er es mit der Treue nicht so ernst, von der Benutzung eines Kondoms ganz zu schweigen. Die übrigen Handlungspersonen stehen ihm in nichts nach. So sind die Männer allesamt testosterongesteuert und Harry gönnt sich zum Stressabbau einen „Mittagsfick“ mit einer Nutte, während es Südländer Luis seiner Frau Helen besorgt.

In dem Kriminalroman „Der Libanese“ geht es weniger um die Faktenlage der Ermittlungen in einem Präsidium, als vielmehr um die Abläufe des organisierten Verbrechens selbst, zu denen der Autor das Milieu sehr authentisch schildert. Als Oberhaupt einer aus Beirut stammenden kurdischen Familie hat Baba das Sagen und es gelten „die ehernen Gesetze vormoderner Clangesellschaften“. Aber den Plot zeichnet nicht nur die Darstellung dieser Strukturen aus, sondern beispielsweise auch die Kritik an der zunehmenden Zahl Tafelbedürftiger, Mangel an bezahlbarem Wohnraum sowie sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder im Filmgeschäft, und so ganz nebenbei lässt Clemens Murath auch noch bestens recherchierte Details aus der Filmwelt oder den Mord an dem Juristen Giovanni Falcone durch die Cosa Nostra einfließen. Ein intelligenter und vielschichtiger Krimi mit einem Entführungsfall, der mit immer neuen Wendungen an Spannung kaum zu überbieten ist: Ein Hammer!

Der Libanese von Clemens Murath

Der Libanese
Heyne Verlag 2021
Klappenbroschur
480 Seiten
ISBN 978-3-453-27283-5

Bildquelle: Heyne Verlag
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