Im Oktober 1147 wird die Klosterschülerin Laetitia aus dem Kloster Paraklet in der Champagne von ihrer Äbtissin Heloïse nach Trier geschickt, um dort von dem Kaufmann Burkhard einige Briefe, die sie einst dem wegen Häresie verurteilten Geistlichen Petrus Abaelardus geschrieben hat, zu erwerben. Für ihre Mission hat ihr die Äbtissin drei Smaragde gegeben, für die sie im Gegenzug die Briefe erhalten soll. Laetitia, die durch eine Intrige der Base ihrer Mutter um ihre legitimen Ansprüche gebracht wurde, erhofft sich als Lohn ein Noviziat im Kloster. Sie will Nonne werden und vielleicht einmal Bibliothekarin, denn Bücher liebt sie mehr als alles andere. Doch als sie sich am Abend zum Haus des vermögenden Kaufmanns begibt, beobachtet sie einen Mann, der im Schutz der Dunkelheit ebenfalls den Kaufmann Burkhard in seinem Haus aufsucht und nach einiger Zeit wieder herausgestürmt kommt. Als Laetitia das Haus betritt, findet sie den sterbenden Burkhard in einer Blutlache und kann im letzten Augenblick vor den Wachleuten des Erzbischofs Albero fliehen.
Da die Feindschaft zwischen dem ermordeten Kaufmann Burkhard und dem Erzbischof Albero über die Stadtmauern von Trier hinaus bekannt ist, muss der Erzbischof unbedingt für eine lückenlose Aufklärung des Mordes sorgen. Bereits am nächsten Tag wird Margund, die älteste Tochter einer Katharer Familie, verhaftet. Sie wurde gesehen, wie sie am späten Abend das Haus des Kaufmanns Burkhard verließ. Aber Laetitia kann es nicht ertragen, dass sich Margund für ein Verbrechen verantworten muss, das sie nicht begangen hat. Sie kann nicht zulassen, dass eine Unschuldige zum Tode verurteilt wird und will den wahren Mörder finden.
Der von Claudia Schulligen gut erdachte Kriminalfall in dem Roman „Der Bund der silbernen Lanze“ wäre einer Miss Marple würdig, obwohl in diesem Fall die Ermittlerin wesentlich jünger und auch schöner ist, als die scharfsinnige Amateurdetektivin von Agatha Christie. Doch reicht es eben nicht, die Handlung in einer geschichtsträchtigen Stadt zu platzieren und mit einigen historischen Fakten zu spicken. Der durchaus unterhaltsam und spannend geschriebene Roman lässt die historisch-gesellschaftlichen Verhältnisse völlig außer acht und wird dadurch unrealistisch. Denn eine Angehörige der Katharer, einer Kirchenbewegung, gegen die die katholische Kirche später sogar Kreuzzüge führte, hätte man bei einem Mordverdacht, ob zu recht oder unrecht, sofort hingerichtet. Doch der Roman erweckt den Eindruck, dass in einem solchen Fall tatsächlich ein Anhörungsverfahren stattgefunden hätte, in dem das Opfer eine Chance gehabt hätte, seine Unschuld zu beweisen oder sogar freigesprochen zu werden. Der katholischen Kirche wird eine solche Beschönigung dieser unrühmlichen Epoche ihrer Kirchengeschichte sicher gefallen. Leider handelt es sich bei dem Kriminalroman „Der Bund der silbernen Lanze“ von Claudia Schulligen nicht wirklich um einen historischen Roman, sondern um ein Märchen für Erwachsene, das in einem einfachen Schreibstil verfasst wurde und keine hohen Ansprüche an den Leser stellt.
Der Bund der silbernen Lanze von Claudia Schulligen
Gmeiner Verlag 2013
Broschur
374 Seiten
ISBN 978-3-8392-1348-3